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Rathausturm mit Copernicus-Denkmal

Volker Krüger

Denk-Mal

Betrachtungen zur Einweihung des Denkmals
«Zur Erinnerung an die deutschen Friedhöfe
des Kirchspiels Gurske»
am 1.9.2001


Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text Der Westpreusse 20/2001, S. 6
 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

[6] Es regnete in Strömen, doch jeder der Anwesenden setzte sich diesem spätsommerlichen Guß - mit oder ohne Regenschirm - augenscheinlich gerne aus, denn direkt an der Nordwand unserer Gursker Kirche wurde der neue Gedenkstein zur Erinnerung an alle Opfer der beiden Weltkriege und die Toten der deutschen Friedhöfe des Kirchspiels Gurske von zwei Priestern des Michaelordens geweiht. Die Thorner Presse war durch einen Fotografen und eine Reporterin der Tageszeitung "Nowości" vertreten. Das abgebildete Foto danken wir dem Bildreporter dieses Blattes, Herrn Anrzej Kamiński.

Wir waren seltsam berührt und von diesen beiden Priestern wahrhaft angetan. Am Abend vor der Weihe des Gedenksteins hatte der Initiator, Erwin Heise, nach einem Anruf von ihm, um 20:00 Uhr erfahren, dass der polnische evangelische Pfarrer wegen einer eigenen Familienfeier die bereits langfristig zugesagte Mitwirkung an dem gemeinsam geplanten ökumenischen Gottesdienst nicht aufrechterhalten würde.

Der Ordensgeistliche der Gursker Kirche, Stanisław Kalisztan, wußte Hilfe. Er hatte gerade Besuch von einem Mitbruder aus Kraukau, der am nächsten Morgen seinen deutsch-evangelischen Part einübte und diesen auch pünktlich um 15:00 Uhr in der Kirche von Gurske übernahm.

Man kann sich vorstellen, dass dabei nicht alles bis aufs Letzte klappte. Und gerade deshalb war es eine so lebendige und herzerfrischende Feier für die angereisten ehemaligen, deutschen und die jetzigen, zahlreich erschienenen, polnischen Mitglieder dieser Gemeinde. Die beiden Priester kamen sich manchmal ins Gehege und die just eingestellte junge Deutschlehrerin des Gursker Gymnasiums verlas, zur Kanzel gerufen, statt eines Kapitels aus dem Johannesevangelium, gleich vier. Sie war auch durch heftige Armbewegungen des Ordensbruders aus Krakau nicht zu bremsen. Und so schritt er denn würdig zum Altar und bat mit einer ebenso freundlichen wie eindeutigen Geste um Überlassung der Heiligen Schrift.

Ich muß sagen, mein Herz jubilierte. Diese Toleranz, nein, diese wie selbstverständlich übernommene Rolle eines evangelischen Pfarrers durch einen katholischen und zudem noch polnischen Priester (Ich bitte für all meine bisherigen Vorurteile um Vergebung!) überwältigte nicht nur mich, sondern die meisten der deutschen Anwesenden und erfüllte sicherlich auch viele der polnischen Gläubigen mit so etwas wie Stolz auf diese beiden Priester.

Die mit bewundernswerter Energie vorangetriebene Idee der Errichtung eines Gedenksteins zur Erinnerung an die Friedhöfe der über Jahrhunderte hier lebenden Deutschen - vor einem guten Jahrzehnt noch undenkbar - ist vor allem dem in Gurske geborenen und heute in Möhnesee lebenden Landwirt Erwin Heise zu danken. Hierbei wurde er vor Ort durch die tatkräftige Hilfe des Thorner Sprechers der deutschen Minderheit, Herrn Odrowski, und mit Ratschlägen zur Gestaltung von Pfarrer Kalisztan unterstützt. Die Spenden der Ehemaligen der Thorner Niederung flossen in ausreichendem Maße und dies hat Erwin Heise prompt ermuntert, ein neues Projekt ins Auge zu fassen, nämlich mit Hilfe weiterer Spenden die Orgel unserer Gursker Kirche wieder zum Leben zu erwecken. Die Gursker Kirche war über Jahrhunderte die einzige außerhalb der Stadt gelegene evangelische Kirche. Ja, in schwierigen Zeiten war sie sogar die einzige des gesamten Stadtgebietes Thorn. Deshalb bin ich persönlich auch ein wenig stolz darauf, dass mein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßvater (genealogisch korrekt: "Stammvater") der erste Alt-Thorner Kirchvater dieser Kirche nach Vollendung ihres Baus im Jahre 1614 war.

Zwei unserer lieben und von vielen geehrten ehemaligen Bürger der Thorner Stadtniederung scheinen nur noch auf dieses Ereignis gewartet zu haben, um sich danach ganz und gar in Gottes Hand zu geben. Einen Tag nach seiner Rückkehr aus Thorn verschied einer der Treuesten, Herr "Heinz" Düsseldorff, und wenige Tage später Herr Otto Julius Rübner, der - während des ausgiebigen Studiums der mitgebrachten Fotografien der drei neben dem neuen Gedenkstein stehenden und gleichzeitig restaurierten Grabsteine seiner Vorfahren - sein Leben aushauchte.

Wir alle, die wir den beiden freundschaftlich verbunden waren, trauern mit den Familien.

Autor: Volker Joachim Krüger, geb.1942 in Thorn, Sammler aller noch erreichbaren Informationen über Thorn und insbesondere die Thorner Stadtniederung; Sammelstelle: internet: vorübergehende Adresse: www.kirchbuch.de/HeimatThorn; eigentliche Stammadresse: www.thorn-wpr.de.

(Ansprechpartner in Bezug auf die Gursker Orgel: Erwin Heise, Dreihausen Nr. 4, 59519 Möhnesee-Delecke, Telefon 02924-7017).


 
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© 2000   Volker J. Krüger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 10.04.2004