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Chronik
der
Kirche zu Gurske.

Von
Dr. A. G. H. Lambeck
Pfarrer der Thorner Niederungs-Ortschaften.
_________________
Thorn, 1850.
Druck und Verlag von Ernst Lambeck.
Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text
Johann Friedrich Lambeck.
 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.


[13] Der Vollendete erblickte das Licht dieser Welt am 8. Juli des Jahres 1773 zu Brandenburg in der Mark. Sein Vater hieß  J o h a n n  G e o r g e  L a m-b e c k  und war Bürger und Tuchmachermeister in der genannten Stadt, seine Mutter  D o r o t h e a  S o p h i a  war eine geborene  H e r m a n n.  Schon am 3. Tage seines Lebens, nämlich am 11. Juli, ließen die über die Geburt ihres ersten Sohnes hocherfreuten Eltern, denselben durch die heilige Taufe in die Gemeinde der Christen aufnehmen und ihm in derselben die Namen  J o -h a n n  F r i e d r i c h  beilegen. Einer gottesfürchtigen Großmutter und Mutter hatte er die rechte Bildung zur Gottesfurcht durch eine fromme Erziehung in seiner Jugend zu danken, und welchen tiefen Eindruck beider Frauen Wort und Vorbild auf sein zartes Gemüth gemacht hatten, das bewies die dankbare Erinnerung daran, so oft er von ihnen sprach. Als er das 8. Lebensjahr erreicht hatte, wurde er unter dem Direktor Sauerzweig ins Gymnasium aufgenommen, besuchte dasselbe bis zu seinem 13. Lebensjahre und wurde dann Schüler der sogenannten Saldria- oder großen Schule in der Neustadt Brandenburg. Hier blieb er bis zu seinem 21. Jahre und erwarb sich durch tadellose sittliche Führung ebensowohl, wie durch angestrengten Fleiß die Zu[14]neigung und Liebe seiner Lehrer im hohen Grade. Nachdem er die vorschriftsmäßige Abiturienten-Prüfung unter dem Vorsitz des Königl. Ober-Konsistorial- und Ober-Schulraths Gedicke und des Superintendenten Fischer, als Ephorus Gymnasii, rühmlichst bestanden hatte, ging er um Ostern des Jahres 1794 nach Halle, um sich dem Studio der Theologie zu widmen. Die Mittel, die ihm zu seinem Unterhalte auf der Universität gereicht wurden, waren nur gering und er mußte sich sehr einschränken, aber an wenig Lebensbedürfnisse gewöhnt, trübte dies seinen heitern, zufriedenen Sinn nicht, vielmehr lag er mit Freudigkeit und Eifer dem Studio der Theologie ob, die er sich zu seinem Berufsfach gewählt hatte und besuchte die Vorlesungen der berühmten Professoren Dr. Knapp, Dr. Niemeyer, Nösselt, Güte, v. Jacob, Maas, Morgenstern und Forster, mit rühmlichem Fleiß. Nach drittehalb Jahren verließ er die Universität und wurde bei dem Hütten-Inspektor Hohenberger zu Zanshausen bei Landsberg a. W. Hauslehrer. Gern erinnerte er sich in seinem hohen Alter noch dieser Zeit seiner Wirksamkeit, denn er lebte unter sorgenfreien Verhältnissen bei biedern, gemüthlichen Leuten und lernte hier im Hause des Rittmeisters von Rhade auf Grahlow seine spätere, treue Lebensgefährtin kennen. Nach anderthalbjährigem Aufenthalt verließ er Zanshausen am 8. Juni 1798 und ging nach Culm, wo er bis zum Jahre 1801 Lehrer am  Kadettenhause war.  In diesem Jahre starb sein Vater  J o h a n n G e o r g  L a m b e c k.  Am 25. Januar 1801 vermählte er sich mit seiner verlobten Braut Fräulein  M a r i a n n e  H e n r i e t t e  geborene  v o n  R a n d a h l,  der Tochter des zu Nürnberg verstorbenen Generals  v o n  R a n d a h l,  und ließ sich dann in Bromberg nieder, woselbst er 5 Jahre lang einem Erziehungs-Institute für Mädchen vorstand und geachtet und geliebt, manche dankbare Schülerin ausbildete. Im innigsten Seelenumgange mit seinem lieben Jugendfreunde, dem spätern Konstitorial-Rathe  L e u n e r t, eine glückliche Zeit verlebte und Vater seiner 3 ältesten Kinder wurde, der Tochter  A n t o n i e  I d a  N a t a l i e,  geboren 1802 den 29. August, vermählt mit dem Königl. Obrist und Brigadier Herrn  d u  V i g n a u  in Berlin; eines Sohnes  A d o l p h,  geboren 1806 den 6. Januar, der früh verstarb, und seines Nachfolgers im hiesigen Amte  A l e x a n d e r  G u s t a v  H e r - m a n n, geboren den 13. Juni 1804. Im Jahre 1805 starb der zeitherige Rektor der [15] Stadtschule in Bromberg, Namens Erdmann, und zu seinem Nachfolger wurde unser Vollendeter gewählt, behielt aber neben dem Amte als Rektor der Symultanschule das von ihm begründete Mädchen-Erziehungs-Institut bei. Als im Jahre 1807 die Polen in Süd- und Neu-Ostpreußen die Waffen ergriffen hatten, ob es ihnen gelingen möchte, ihre Unabhängigkeit und Selbstständigkeit wieder zu erobern, da die Gelegenheit bei der französischen Invasion so günstig war; als sie die königlichen Beamten entsetzt und dadurch dem drückendsten Mangel preisgegeben und sich mit den Franzosen vereinigt hatten, da wurden, so wie in allen Orten, auch in Bromberg die bestehenden Einrichtungen umgestaltet. Die vorhandene Symultanschule sollte mit der Jesuitenschule vereinigt werden; Lambeck sollte Rektor sein, aber mit dem katholischen Rektor in der Aufsicht und Leitung der Schule abwechseln. Es sollte von nun ab nur in polnischer Sprache gelehrt werden und da er derselben nicht mächtig war, auch die Schülerzahl je länger je mehr sich verminderte, und da er gleichzeitig einen Ruf als Prediger nach Babiak in Kujawien erhielt, so folgte er demselben und trat sein neues, ungemein ausgedehntes Amt im Mai des Jahres 1809 an. Hier schenkte ihm Gott eine Tochter, welche in der heiligen Taufe die Namen  F r i e d e r i k e  E l w i r e  erhielt, aber am 3. Februar 1811 in dem zarten Alter von 1 Jahr 2 Monaten und 17 Tagen verstarb. Er verwaltete dies Amt aber nur anderthalb Jahre, da bewarb er sich, nach dem Abgange des Predigers Schröer, um die Gursker Pfarrstelle und wurde 1810 von dem Magistrat zu Thorn, als Patron derselben, zum Pfarrer der Thorner Niederungs-Ortschaften erwählt. Er hielt am 16. Sonntage nach Trinitatis seine Antrittspredigt vor der Gursker Gemeinde und wurde am 18. Sonntage nach Trinitatis durch den Senior zu Thorn, Dr. Johann Ludwig Schulz, unter Assistenz der Prediger an der neustädtischen evangelischen Kirche zu Thorn und Culmsee, Richter und Gördens in sein Amt eingeführt, welches er neunzehn Jahre hindurch verwaltete, nämlich bis zum 21. Juni 1829, wo sein älteser Sohn, ihm auf seinen Antrag cum spe succedendi adjungirt wurde. Er hat hier die schwere und unruhige Zeit der Kriegsdrangsale durchlebt, in denen ihm sein Wirken vielfach getrübt wurde, er mit Noth und selbst Nahrungssorgen zu kämpfen hatte und in denen sein Leben durch rohe Brutalität russischer Soldaten [16] sogar zweimal in augenscheinliche Gefahr gerieth, aber der Herr breítete seine schirmende Hand aus über seinen Diener und führte ihn durch Freude und Leid bis zu dem hohen Lebensalter, das er erreicht hat. Hier in Gurske schenkte Gott ihm 6 Kinder, nämlich  E m i l  F r  i e d r i c h  V i c t o r,  geboren 1812 den 20. Februar,  E d u a r d  W i l-h e l m  T h e o d o r,  geboren 1813 den 1. September, den ihm aber der Tod nach 3 Jahren entriß,  1816 den 25. Dezember;  sodann  E r n s t  G e o r g  M a x i m i l i a n,  geboren 1814 den 12. November;  L o u i s e  E m i l i e,  geboren 1818 den 17. November, gestorben am 3. Dezember desselben Jahres,  A l b e r t i n e  L a u r a  R o s a l i e,  geboren 1821 den 9. Dezember, verehelicht an den Königl. Lieutenant der Artillerie  B e n n o  v o n  F r e y h o l d,  gestrb. 1819 und  H e n r i e t t e  E l i s e  A l w i n e,  geboren 1824 den 2. Januar, verehelicht an den Königl. Lieutenant im 5. Infanterie-Regiment  L e o n h a r d  v o n  K o r n a t z k i.  Im Jahre 1829 legte der Verewigte, wie bemerkt, sein Pfarramt nieder und siedelte sich nach Nürnberg in Baiern über, wohin er schon früher zur Regulirung von Familien-Angelegenheiten 4 Reisen gemacht hatte, nämlich in den Jahren 1819, 1821, 1827 und 1828. Hier lebte er auf dem ihm durch Erbschaft zugefallenen Gute Schloß Unterbürg, ¼ Meile von Nürnberg, sorgenfrei und zufrieden in der Mitte seiner 3 jüngsten Kinder. Doch fühlte er sich in dem fernen, fremden Lande nie recht heimisch und sehnte sich oft zu seinen alten Freunden zurück, die ihm im theuern Vaterlande wohnten. Als ihn daher auch sein jüngster Sohn verlassen und sich in Thorn als Buchhändler etabliert hatte, entschloß er sich, seinen Besitz in Baiern zu verkaufen und den Rest seines Lebens unter seinen Kindern in Preußen zu beschließen. So kam er denn im Sommer 1842 nach Thorn und kaufte sich in der Araberstraße ein eigenes Haus; war auch sein Aufenthalt hier nicht frei von mancher Unannehmlichkeit, herbeigeführt durch unerwünschte Familienverhältnisse, wurde seinem Herzen dadurch eine tiefe Wunde geschlagen, daß ihm die 45 Jahre hindurch treue Gefährtin seines Lebens am 1. Februar 1844 durch den Tod entrissen wurde, so wußte er doch stets in seiner freundlichen Gemüthlichkeit dem Leben die bessere Seite abzugewinnen und Kummer und Schmerz mit Ergebung zu tragen. Der Vollendete hatte sich einer nur selten durch Krankheitsfälle unterbrochenen Gesundheit zu erfreuen, aber etwa ¾ Jahr vor seinem Tode fing er an, über heftige Stiche [17] in der Brust und der rechten Seite zu klagen, seine Körperfülle nahm zusehends ab und eine Lungenlähmung endete am 2. September um 3 Uhr Nachmittags sein Leben, nachdem er noch 2 Stunden vorher durch den Genuß des heiligen Abendmahls die Gemeinschaft mit seinem Heilande und Erlöser erneut und zu seinem Abschiede sich würdig vorbereitet hatte. Er hat ein Alter erreicht von 74 Jahren 1 Monat 25 Tagen, ist Vater geworden von 10 Kindern (5 Söhnen und 5 Töchtern, von denen 3 Söhne und 2 Töchter leben), Großvater war er von 21 Enkelkindern.

Der Selige hat der Gursker Gemeinde, wie oben bemerkt, 19 Jahre als Prediger vorgestanden; er war seit Gründung der Gursker Kirche der 18. Geistliche. Er hat als solcher getauft 2809 Kinder, getraut 609 Paare, beerdigt 1893, eingesegnet 1582 Kinder und 54,161 Personen das heilige Abendmahl gereicht. Es steht mir als Sohn des Verewigten nicht zu, seine Verdienste ruhmredig hervorzuheben; allein daß durch ihn das Schulwesen des Kirchspiels eine neue und bessere Gestaltung gewonnen, indem er es war, der das anstößige Miethen der Lehrer abstellte, den Schulhäusern dadurch eine bessere Einrichtung gab, daß er die Unterrichtszimmer überall von den Wohnstuben der Lehrer trennte; indem er für einen regelmäßigeren Schulbesuch sorgte und so den bessern Unterricht des heranwachsenden Geschlechts förderte, darf nicht verschwiegen werden, und wie er alle seine früheren Pfarrkinder in seinem liebenden Herzen getragen, bewies er dadurch, daß er aus der Ferne sich häufig nach Diesem oder Jenem in der Gemeinde erkundigte, daß er regen Theil nahm an den Veränderungen in den Familien, deren Verhältnisse ihm im Gedächtniß waren. Dank Allen, die ihm Beweise ihrer Liebe gegeben haben, Dank vor Allem der würdigen Frau, welche ihn in seiner letzten Krankheit mit wahrhaft mütterlicher Sorgfalt gepflegt hat, Dank Allen, die durch ihr Erscheinen an heiliger Stätte - am Begräbnißtage - dem Vollendeten den Zoll ihrer Freundschaft und Achtung gegeben haben. Sein Andenken bleibe bei uns Allen im Segen!


 
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letzte Aktualisierung: 17.12.2004