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Rathausturm mit Copernicusdenkmal
Beyträge zur

Geschichte der Stadt Thorn

aus guten und zuverlässigen Quellen
gesammlet von

George Gottlieb Dittmann
Es. Ehrw. Ministeriums Candidat und öffentlicher Lehrer an der
Neustädtischen Schule in Thorn.

_________________
1789.
Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text

Abhandlung von dem
Zustande des Christenthums in Preußen, besonders der
Kirchen und Schulen in der preußischen Stadt, Thorn,
in ältern und neuern Zeiten.


 

§. I.
Schilderung des Religionszustandes der alten Preußen vor
der Ankunft des deutschen Ordens.


Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

[I] Die Preußen waren in den ältesten Zeiten dem heidnischen Götzen-Dienste, eben so, wie andere Völker, ergeben. Sie waren in eben der Meinung, die schon in den allerältesten Zeiten unter allen Völkern statt gefunden: die Gottheit sey in keine Wände eingeschlossen, und müsse also unter dem freyen Himmel verehret werden. Selbst die jüdische Nation hatte in den ersten Zeiten keinen Tempel; erst, nach ihrem Ausgange aus Egypten, richteten sie, auf Befehl Gottes, die Stiftshütte auf, und Salomo bauete erst den Tempel, da schon fast 3000 Jahre in der ersten Welt verflossen waren. So verehrten denn auch die alten Preußen unter Bäumen ihre Gottheiten, besonders unter hohen Eichen. Vorzüglich waren 4 derselben berühmt. Die eine, hieß Romowex); von derselben schreibt ein unbekannter Author einer alten Preußischen Chronik: "die gemeinen Stellen, da sie die gemeinen Abgötter ehreten, wurden Rykajoth genannt, [II] aber die Stelle, da die große Eiche war, darinnen die drey Abgötter warenx), und der Hohepriester seine Wohnung hatte, die hießen sie Romowe, nach Romxx)". Dieser Hohepriester hieß Crivve, und war bey ihnen im großen Ansehen. Die andere Eiche, stand bey Heiligenbeil, bey der sie einen Abgott, Curcho genannt, verehrten, welche endlich der erste Ermländische Bischof, Anshelmus, mit einem Beil hat umhauen und verbrennen lassen. Davon soll, wie Treterus a) berichtet, diese Stadt ihre Benennung haben. Die dritte Eiche, ist von einer ungeheuren Größe gewesen und hat gestanden, wo zuerst Thorn gegründet worden seyn soll, eine Meile unterwärts unserer Stadt, an der Weichsel. Diese haben die Creutzherren, bey ihrer Ankunft in Preußen, befestigt. Davon schreibt Duisburg b): "als der Bruder Herrmann Balk, Landmeister, mit seinen Gefährten und mit dem Kern seiner Armee, nach Preußen ging, um das Christenthum zu befördern, ging er über die Weichsel ins Culmische Gebiet, und bauete da, wo der Strom abwärts geht, im Jahr Christi 1231, das Schloß Thorn. Dieser Bau geschah auf einer Eiche, darauf machten sie Erker, so daß nicht mehr, denn ein einiger Steig zu der Burg blieb. In der Nähe hatten die Brüder 7 Schiffe, um vor den Anfällen der Preußen sicher zu seyn, daß sie gleich nach Nessow c) kommen konnten, wenn es die Noth erforderte. Mit der Zeit aber erbauten sie beym Schloße eine Stadt, welche nachhero wegen der Ueberschwemmungen dahin verlegt worden, wo heute Thorn steht d)."

[III] Die vierte Eiche, ist von einer seltsamen, ja fast unerhörten, Größe gewesen, und hat bey Welau gestanden. In der Folge war der Zulauf der Leute nach dieser Eiche erstaunend groß. Jeder schnitt seinen Namen in den Stamm, dadurch ist denn zuletzt der Baum ganz mürbe geworden und vertrocknet. So sah es in Preußen aus, als, im 10ten Jahrhundert, Adalbertus nach Preußen kam, um das Christenthum daselbst zu pflanzen. Er war Bischof in Prag gewesen, weil sich aber das dortige abgöttische Volk damals dem Christenthum widersetzte, suchte er beym Pabst Erlaubniß fortzugehen, ging nach Ungarn, von Ungarn endlich nach Preußen. Aber die heidnischen Priester hetzten hier das Volk gegen ihn auf, und er wurde bey Fischhausen todt geschlagen. Der König von Polen, Boleslaus, fiel darauf mit seiner ganzen Macht in Preußen ein, und nöthigte es das Christenthum anzunehmen. Die Preußen glaubten ganz sicher, daß ein solcher Krieg, den sie für die Ehre ihrer Gottheiten, durch deren Schutz ihr gemeines Wesen so lange bestanden hätte, führten, nicht andere als glücklich für sie ablaufen müßte. Beyde Theile fielen also einander mit der größten Wuth an, doch aber wurden die Preußen überwunden. Darauf verbrannte Boleslaus die Eiche zu Romowe mit sammt ihren drey großen Gottheiten. Als aber Boleslaus fortzog, fielen sie wieder vom Christenthum ab e). Zu eben dieses Boleslaus Zeiten kam der Bischof, Bruno, nach Preußen, in Begleitung von zwey Mönchen, hatte aber kein besseres Schicksal; worüber man sich eben nicht wundern darf, wenn man mit der damaligen Bekehrungsart nur ein wenig bekannt ist, die schon so beschaffen war, daß die Preußen fast einen Abscheu gegen das Christenthum fassen mußten. Dieser Bischof Bruno, von Querfurt, muß aber nicht mit dem Olmützschen Bischofe, gleiches Namens, verwechselt werden, wie von vielen Schriftstellern geschehen: Thomas Treter, Canonicus von Frauenburg, berichtet f), daß die Stadt und das Schloß Braunsberg, von diesem Olmützschen Bischofe, sey erbauet worden, der Ao. 1255, mit dem Böhmischen Könige, Ottocar, nach Preußen gekommen. Dieses Braunsberg war ehemals der Sitz der Ermländischen Bischöfe, die deswegen auch die Braunsbergischen Bischöfe hießen; daselbst war auch eine Cathedral-Kirche, unter dem Namen des Apostels Andreas. Als aber in der Folge Frauenburg war erbauet worden, so wurde die Cathedral-Kirche dahin verlegt g). Dieses Frauenburg hat von seiner Stifterinn, einer berühmten Wittwe bey Sonnenburg, die aus einem alten preußischen adelichen Geschlechte herstammte, und Sophia (Soupna) hieß, die Benennung bekommen.

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Ix) Vid. Hartknoch, in selectis Dissertationibus. Diss. Vl. p.3.
IIx) Diese hießen: Percunus, Picollus und Potrimpus, vide Hartknoch, Diss. VIII.
xx) Duisburg, in Chronico Prussiae Part. III. cap. 5.
a in libro de Episcopis Warmiensibus, in vita Anshelmi.
b) in Chronico Prussiae, Part. III. cap. I.
c) Nach Hartknochs Meinung, ist dieses Nessow, das heutige Klein-Nieśiowka, eine Meile von Podgurz; vid. eius Observationes ad Duisburgium, Part. II, c. 9.
d) Umständlicher werden wir von der Erbauung Thorns in der Abhandlung zum 2ten Bande reden.
e) vid. Dlugossus, Tom.I. Histor. Polon. libr.2 ad annum 1015; item Cromerus de ortu et rebus gestis Polonorum, lib.3, p.442)
f) in vita Anshelmi, primi Warmiensis Episcopi.
g) vide Thomam Treterum in vita Heinrici, Episcopi Warmiensis secundi.

   
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Vorrede
§. 2. Bemühungen der deutschen Ordensritter die Preußen zum Christenthum zu bekehren.
 

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letzte Aktualisierung: 13.03.2004