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Gottfried Lengnich: Geschichte der preussischen Lande 


Rathausturm mit Copernicus-Denkmal Geschichte
Der Preußischen Lande /

Königlich Polnischen Antheils
Seit dem Ableben
SIGISMUNDI AUGUSTI,
Bis auf dem Todt
Königes
STEPHANI
Der zu Endes des Jahres 1586. eingefallen.
Alles
Aus geschriebenen Nachrichten zusammengetragen
und mit nöthigen Urkunden versehen/
Von
Gottfried Lengnich /D.
Dantzig, Gedruckt bey E.E.Rahts und des Gymnasii Buchdr.seel.Joh.Daniel Stollens nachgelassenen Wittwe.
Durch Thomas Johann Schreiber, Factor. 1724.
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[2]Vellejus Paterc. II. 3.

Non ibi consistunt exempla, unde coeperunt; sed quamlibet in tenuem recepta tramitem, latissime evagandi viam sibi faciunt, &, ubi semel recto deerratum est, in praeceps pervenitur.

[3] Das Ableben SIGISMUNDI AUGUSTI, setzte die Preussen in Furcht und Hoffnung. Der erledigte Thron, die freye Wahl eines neuen Ober=Herrn, und die Gelegenheit, Ihm, die mit Casimiro, Anno 1454. getroffenen Verträge, nebst denen damit verknüpfften alten Gewohnheiten, vorlegen, und derselben genauere Beobachtung, vor dem Antritt der Regierung, ausdiengen zu können, liessen die Wiederherstellung dessen, so man unter dem vorigen Könige auf ewig eingebüst zu haben schiene, hoffen. Die Betrachtung hergegen, daß die Polnischen Reichs=Stände mit dem Könige nicht ausgestorben, und daß diese, als ehmalige Ursacher und Beförderer der gekränckten Freyheiten, nicht zugeben würden, daß etwas so durch ihre Inständigkeit zum Gesetz geworden, sollte abgethan werden, erweckte nicht eine geringe Besorglichkeit, ob man den gewünschten Zweg erreichen dörffte. Diese zwo Leydenschaften hielten einander gleichsam die Wage, davon man den Ausschlag der künfftigen Zeit anheimstellen muste.

Man suchte ihn durch verschiedene Bemühungen auf die Seite der Landes=Rechtsame zu neigen. Die grossen Städte machten dazu die erste Eröffnung, wie sie beym Anfange des Interregni bezeugten, bloß in denen Grentzen der Vereinigung mit Polen zu bleiben, die Casimirus, bey der Ubernahm und die Preussen selbst, bey der Ubergabe, der Landes=Herrschafft gesetzet. Die anderen Rähte bedaureten, daß dieselbe unter dem letzten Printzen seines Männlichen Stammes, so offt überschritten worden. Die geringere Ritterschafft verlangte die Abstellung solcher Ausschweiffungen, welche die kleinen Städte desto eyfriger wünschten, weil sie auf keine andre Art, einem gäntzlichen Verfall zu entgehen wusten. Jeder Theil von ihnen, wenn ich die Adelichen Landes=Räthe ausnehme, entwarff [4] seine Gedancken, nach denen er vermeynte, die alte Freyheiten nicht nur wieder in Ausübung zu bringen, sondern zugleich wieder die Eingriefe in Sicherheit zu stellen. Die Ritterschafft war nicht so starck auf den gemeinen Nutzen bedacht, daß sie dabey ihren eigenem Vortheil vergessen hätte, welchem, als einer Sache, die dem Sinn der Frund=Gesetze entgegen war, die Städte wiedersprachen. Der Wiederspruch schlug zur Spaltung aus, welches den Adelichen Rähten Anlaß gab, mit den grossen Städten in ein näheres Vernehmen zu treten, deren Meynung sie endlich beyfielen, nachdem eines und das andere in ihrem schrifftlichen Aufsatz war geändert worden. Die kleinen Städte, waren schon zuvor mit den grösseren gleich gesinnet gewesen, daß es also bloß an dem Beytrit des geringeren Adels fehlte, der die Sache unter mancherley Vorwand, so lange aufhielte, daß König Henrich nicht nur gewehlet und gecrönet worden, sondern gar das Reich verlassen hatte, wie man sich annoch um die Einstimmung desselben bearbeitete.

Man sahe es als ein schlechtes Vorzeichen eines guten Ausganges an, daß man über Dinge, so die gemeine Wolfahrt betraffen, zwistete, und man lieber das Gantze in Gefahr setzte, als einer dem andern in wenigen Stücken nachgeben wollte. Es war nichts bequemer, als die damahlige Gelegenheit, und nichts nachtheiliger, wo man dieselbe verabsäumte. In Fällen die den eigenen Nutzen rührten, wuste man sich ihrer besser zu bedienen. Unter der vorigen Regierung waren denen von Konopat, die Güter Lopatko, Polidno, Dworzisko, Libnau und Ruden, und der Zehmischen Familie, Christburg, vermöge des bekannten Statuti Königes Alexandri, aberkannt, und anderen Personen verliehen worden. Die ehmaligen Inhaha erwarteten nicht das Erkenntniß des künfftigen Königes, sondern bemächtigten sich derselben, währendem Interregno, mit gewaffneter Hand. Welches Unterfangen in Polen nicht geringe Bewegung verursachte, auf die anfänglich ein Ausspruch der Reichs=Stände, hernach ein Königliches Decret erfolgte.

[5] Von den auswärtigen Printzen, die nach dem Tode SIGISMUNDI AUGUSTI; um die Polnische Cron sich bewarben, fand anfänglich der Oesterreichiche Ertz=Hertzog Ernst, bey den Preussen den Vorzug, und die grossen Städte gaben ihren Abgeschickten auf den Wahl=Tag ausdrücklich mit, keinem anderen als Ihm, die Stimme zu geben. Der Polen Zuneigung fiel auf den Frantzösischen Hertzog von Anjou, mit denen sich die Preussen, bis auf die grossen Städte, vereinigten. Dieser ihre Standhafftigkeit und schleuniger Aufbruch von Warschau, brachte sie bey einigen in den Verdacht, als wollten sie sich vom Polnischen Reich trennen, und diente zum Vorwand, Truppen im Lande zu werben, die einer fremden Macht den Zugang verwehren sollten. Der Fratzösische Gesandte kam selbst nach Dantzig, und erhielte von den Städten die Erklärung vor seinen Printzen, nachdem Er sich wegen der Sicherheit der Protestantischen Religion, und der gemeinen Privilegien, im Namen des neuen Königes, verpflichtet hatte.

Kaum hatte der Gesandte sein Wort von sich gegeben, wie er es wieder zurück zog, und den Städten nur die Hoffnung ließ, dasjenige beym Könige selbst, in Gesellschafft der gesammten Stände auszuwürcken, was sie mit Dessen Botschaffter verabredet hatten. Diese zogen mit solchen Gedancken auf den Crönungs=Tag nach Krakau, fanden aber den König, durch die Reichs=Senatoren dermassen eingenommen, daß sie an einem guten Fortgange ihrer obhandenen Verrichtung zu zweiffeln anfiengen. Sie gaben Ihro Majestät eine Kenntniß von der besonderen Landes=Verfassung; Sie baten um die Wandelung der darwieder geschehenen Einrisse, um die Bestätigung der Privilegien, und um eine Eydliche Versicherung dieselben in allen Stücken zu beobachten. Auf dieses alles aber erfolgte theils keine, theils eine gantz wiedrige Antwort. Die Reichs=Stände brachten es dahin, daß die Adelichen Landes=Räthe, ohne vorher das geringste von ihrem Absuchen zu erlANGEN; DEM Könige, nach dem Polnischen Eydes=Formular, huldigen musten.

[6] Die Preussen kehrten also betrübt nach Hause, und schütteten ihre Klagen auf dem folgenden Land=Tage aus, von dannen sie selbige schrifftlich an den Hof gelangen liessen. Sie waren kaum daselbst eingehändigt worden, wie der König zur Ubernahm der Ihm heimgefallenen Frantzösischen Cron, bey Nächtlicher Zeit, heimlich aus Polen eylte, und die Regierung gleichsam im ersten Anfange endigte. Seiner Abwesebheit ungeacht, blieben die Preussen dem Könige Henrich beständiger als die Polen, und wie diese schon mit den Gedanken einer neuen Wahl umgiengen, führten jene ihnen die Pflicht der Unterthänigkeit, womit sie dem Könige, krafft ihres Eydes verbunden waren, zu Gemüht, um sie dadurch im ferneren Gehorsam zu erhalten.

Sie selbst traten nicht ehr ab, bis die innerliche Zerrüttungen Frankreichs, die Wiederkunfft nicht mehr hoffen liessen. Damahls erneuerten sie ihre vorige Zuneigung vor das Ertz=Hertzogliche Haus Oesterreich, und gaben ihren Gesandten zum Wahl=Tagemit, auf den Kayserlichen Printzen, Ernst, zu stimmen. Hieselbst gerieht es zur Trennung. Der ansehnlichste Theil der Polen und Litthauer wehltenden Kayser Maximilian, die übrigen rieffen die Polnische Printzessin Annam zur Königin, und den Fürsten von Siebenbürgen, Stephanum, zu ihrem Gemahl und Könige aus. Die aus Preussen Anwesenden fielen der ersteren Parthey zu, weil sie es bey den Ihrigen gar leicht zu verantworten meynten, daß sie den Printzen mit seinem Herrn Vater verwechselt.

Die in Polen angegangene Spaltung zog sich mit besonderer Geschwindigkeit nach Preussen, und faste zuerst in der Culmischen Woywodschafft Wurtzel, von dannen sie sich mehr und mehr ausbreitete. Die Kayserlichgesinnete arbeiteten zwar vor die Erhaltung der Eintracht, allein des Fürsten von Siebenbürgen baldige Ankunfft in Polen, die Unterwürffigkeit derer so ihm daselbst zuwieder gewesen waren, der Beytrit des Littauischen Groß=Hertzogtums, der Anzug gegen Preussen und das Ausbleiben Maximiliani, machten nicht [7] nur alle Bemühungen fruchtlos, sondern nöhtigten auch die so es bisher mit dem Kayser gehalten, zu denen überzutreten, die zur Trennung den Anfang veranlaßt hatten. Solchergestalt erkannten alle, bis auf die Dantziger, STEPHA-NUM einmüthig für ihren Herrn. Als ein Solcher ward Er bald hierauf an der Grentze empfangen, und bey Seinem Einzuge in Thorn begleitet.

Allhier bemühten sich die Preußischen Stände aufs neue, dasjenige auszuwürcken, warum sie beym Könige Henrich vergebliche Ansuchung gethan hatten. STEPHANUS sahe sich mit seinem Vorfahr in gleichen Umständen. Er konnte nicht ein mehreres thun, als die Cron=Senatoren nachgeben wollten. Diese verstatteten, daß der König gegen die Preussen, wegen des dem Polnischen Reich geleisteten Eydes, zuerst münd=hernach schrifftlich sich erklären und versprechen möchte, die Bestätigung der Privilegien und die Wandelung der Gebrechen auf dem nächsten Reichs=Tage ins Werck zu richten. Die beyden letzteren Stücke waren noch nicht zur Erfüllung gekommen, als der König mit Tod abgieng: wegen des Eydes kamen zwar zwo schrifftliche Erleute-rungen zum Vorschein, so die Preussen anzunehmen Bedencken trugen, und auf die dritte, obwohl vergeblich, warteten.

Die Unterwürffigkeit in unserer Provintz, war nicht allgemein. Die Dantziger wie ich zuvor erwehnet, hiel-ten sich von den anderen Ständen abgesondert, weil sie weder vor die gemeine noch vor ihre eigene Freyheiten eine genugsame Sicherheit sahen. Die Begebenheiten der letzteren Jahre, da man Gebietsweise eine neue Regiments=Verfassung einzuführen getrachtet, schienen eine ausserordentliche Behutsamkeit anzurahten. Dantzig nahm nicht nur an der Bedruckung des gantzen Landes Theil, sondern hatte noch sein besonderes Anliegen. Die Commission, welche dessen Abgünstige unter der Regierung SIGISMUNDI AUGUSTI ausgebracht, und der man den Namen Karnkovianische zu geben pfleget, hatte den Grund der bisherigen Einrichtung gleichsam erschüttert, und die da[8]durch eingeführte Neuerungen drohten einen endlichen Verfall. Solchem Unglück vorzubeugen, und den Zustand, bey welchem die Vorfahren, zum Nutzen des Königes und Aufnehmen des Landes, empor gekommen waren, wieder herzustellen, achtete man der äussersten Bemühung würdig. Dazu gehörte als etwas unumgängliches, die Aufhebung der vorgedachten Commission, und der daher rührenden Verordnungen. Die Furcht, daß man es nicht erlangen dörffte, hielt die Unterthänigkeit der Stadt, bis auf eine gnugsame Versi-cherung, zurück, welches der Hof, wo nicht als eine würckliche Abtrünnigkeit, doch als eine Neigung dazu, auslegte. Man schrit zu gütlichen Unterredungen, die fruchtloß waren, weil sich Leute fanden, die aus einer dem gemeinen Wesen schädlichen Weiterung, ihre eigenen Vortheil zu machen hofften. Die Sache kam wieder auf dem Thornischen Reichs=Tage vor, wohin die Stadt, gewisse Personen zu schicken, die Erlaubniß erhielte. Man hatte wenig Ursache einen guten Ausgang zu vermuhten, wie die Abgeordneten bey ihrer Ankunft in Arrest genommen wurden, und die Forderungen des Hofes neue Schwierigkeiten in den Weg legten. Die Handlung ward von Thorn nach Bromberg versetzet, und daselbst gäntzlich abgebrochen. Die dantziger Abgeordneten, empfanden die erste Würckung ihrer mißlungenen Verrichtungen, als sie gefänglich nach Lencic auf das dasige Schloß geführet wurden: und die Stadt sollte ihr Unglück, welches man ein grobes Verbrechen nandte, mit der Achts=Erklärung, und der Cinfiscation, ihrer in den Königlichen Landen vorheandenen Waaren und Gelder, zu büssen anfangen.

Dieses waren gleichsam die Vorläuffer einer denckwürdigen Belagerung, die, was die Absichten des Hofes betraff, zwar umsonst, aber in Betrachtung des vergossenen Bluts, der aufgewandten Kosten, der verhehrten Ländereyen, und anderer erlittenen und zugefügten Schaden, unschätzbahr gewesen. Nach versuchtem Krieges=Glück, fieng man wieder an vom Frieden zu reden, den die Gesandten auswärtiger Fürsten glücklich vermittel[9]ten. Die Stadt wurde vom Könige zu Gnaden aufgenommen, in ihren Freyheiten bestätiget, und einer baldigen Wandlung ihrer Beschwerden versichert, davon die Erfüllung nach einigen Jahren, durch den Tractatum Portorii guten theils erfolgte.

So bald die innerliche Ruhe war hergestellet worden, trachtete der König, Lieffland, auf welche Provintz, Polen, unter SIGISMUNDO AUGUSTO, ein gültiges Recht erlanget hatte, der Moßkowitischen Herrschaft zu entziehen. Dieses konnte nicht anders als durch die Waffen geschehen, zu deren Gebrauch Geld gehörte, welches die Polnischen Stände bewilligten. Man bemühte sich hiebey die Preussen den Reichs=Anlagen zu unterwerffen. Sie lehnten es aber durch Anführung der alten Gewohnheit ab, und trugen das Ihrige auf den Land-Tagen, nach der bey ihnen üblichen Art, bey. Dennoch musten sie dulden, daß der auf dem Reichs=Tage beschlossene Zoll, gleichsam im Hertzen der Provintz, am weissen Berge, eingetrieben wurde. Selbst in der Contributions-Sache verharrten sie nicht bey der alten Standhafftigkeit, indem der Adel, aus Verdruß gegen die Städte, den Polnischen Pobor annahm, darwieder diese mit einer Protestation sich verwahrten, und den langhergebrachten Gebrauch beybehielten.

Nicht nur in diesem, sondern auch in den übrigen Stücken, suchte man von Seiten der Polnischen Stände, die Preussen zu einer völligen Gemeinschafft mit ihnen zu bringen. Daher wurden sie auf alle Reichs=Tage verschrieben, und die Adelichen Landes=Rähte musten im Senat, und die Abgeordneten der Ritterschaft in der Land=Boten=Stube ihre Stellen einnehmen. Man beschönigte dieses Verfahren mit dem Lublinschen Decret, welches König Stephanus bestätigte, und dadurch einem an sich ungültigen Gesetz, die Verbündungs=Krafft ertheilte. Aus diesem Grunde sollten die ordentliche Land=Tage in Preussen nichts anders als Gerichts=Tage seyn, und die dasigen Stände alsdenn nur über die gemeinen Vorfälle rahtschlagen, wenn ihnen der König dazu Gelegenheit geben würde.

[10]Das Einzöglings=Recht wollte man gar aufheben, und zwischen einem Polen und Preussen, der Geburt nach, keinen Unterscheid übrig lassen. Einige von den Preussen gedachten durch Nachgebung, etwas zu gewinnen, und mäßigten dieses Vorrecht durch eine Seßhafftigkeit im Lande von etzlichen Jahren, aber auch dieses fand bey Hofe keinen Eingang, weil Er sich von aller Einschrenckung loß machen wollte. Daher ist es kein Wunder, daß die erledigten Starosteyen zuweilen gebohrnen Polen ertheileet, Cromerus im Ermeländischen Bistum bestätiget, und der Printz Batori, zum Coadjutor daselbst, befordert worden.

In den Rechtlichen Instantzen gieng eine besondere Aenderung vor. Es ist bekannt, daß unter STEPHA-NO die Tribunäle in Polen ihren Abfang genommen. Bey der ersten Anordnung, wollte man die Preussen unter derselben Gerichts=Zwang ziehen, die aber vermittelst ihrer kräfftigen Vorstellung, eine Ausnahm davon auswürckten. Zu gleicher Zeit, schienen ihnen die Appellationes an den König, ausser anderen Beschwerden, eine langsame Handhabung der Gerechtigkeit mit sich zu führen, wesfals sie auf die Gedancken fielen, nach dem Exempel der Polen, ein eigenes Tribunal im Lande anzulegen. Sie fasten davon einen Entwurff ab, dessen Vollziehung der König hinderte, und ihnen keine andere Wahl ließ, als entweder bey der ehemahligen Instantz an den Hof zu bleiben, oder das Peterkauische Tribunal anzunehmen. Man beobachtete einige Zeit den alten Gebrauch, bis die Ritterschafft unter gewissen Bediengungen sich dem Tribunal gutwillig unterwarff, und hierinnen sich von den Städten trennete.

Der neue Entschluß, schiene ausser anderen Umständen auch deswegen bedencklich zu seyn, daß man sich von einem auswärtigen Gericht, nach den inländischen Gesetzen wollte verurtheilen lassen, ehe noch die Einrichtung des Culmischen Rechts zum Stande gekommen war. Die Ursach, daß ein so nützliches Werck, davon man schon unter der Regierung SIGISMUNDI I. zu reden angefangen, [11]damahlen annoch in der Unvollkommenheit geblieben, muß man bloß der Fahrläßigkeit und der Zwietracht der Preußischen Stände zuschreiben. An Berahmung verschiedener Zusammenkünffte zu dieser Arbeit, hat es zu den Zeiten STEPHANI nicht gefehlet, von denen aber nur zwo ihren rechten Fortgang gehabt, die nicht vermögend gewesen, denen vorgefallenen Schwierigkeiten abzuhelffen. Man merckte, daß der Adel das Culmische Gesetz=Buch verlassen, und ein besonderes Recht zusammen tragen wollte, worinnen er seinen Zweg, unter der Regierung des folgenden Königes, erreichte.

Dieses sind die vornehmsten Materien, die den gegenwärtigen Band der Preußischen Geschichte ausmachen. Ich habe sie aus denen Nachrichten zusammen getragen, die in der Vorrede des Ersten angezeiget worden: ausser daß ich mich in Abhandlung der beyden Interregnorum, zuweilen einer geschriebenen Historie bedienet habe, von der ich anjetzo einen näheren Unterricht geben will. Der Verfasser ist annoch unbekannt. Denn ob zwar eine jüngere Hand auf der ersten Seite des Exemplars, so ich gebrauchet, geschrieben: KARNKOVIUS und CROMERUS seynd vermuhtlich die AUTORES, und zu dessen Bestärckung einen Brief des Karnko-vii an Cromerum, der in den Epistol. Illustrium Virorum, bey der Leipziger Auflage des Dlugossi p.1821. stehet, angeführet wird, so redet doch selbiger nur von gewissen Nachrichten so das Interregnum angehen, die Karnkovius bis auf die Wahl HENRICI zusammen getragen, und zu dem Ende a. 1573. An den Cromerum geschicket, um daraus, eine aneinanderhangende Historie der damahligen Zeit zu verfertigen. Cromerus lehnte diese Arbeit, in seiner Antwort vom 6. October (*) ab, weil er mit den zunehmenden Jah-ren, eine Abnahm des Gedächtnisses un der übrigen Gemühts und Leibes Kräffte verspührte, und die zuge-schickte Nachrichten von der Beschaffenheit waren, daß sie ihn von dem Unternehmen mehr abschreckten, als dazu antrieben. Hergegen ist die [12]Historie davon ich melde, ein ausgearbeitetes Werck, so von dem Ableben SIGISMUNDI AUGUSTI anfänget, und mit der Crönung STEPHANI aufhöret, die in 6. Bücher einge-theilet wird, und 190. Dicht geschriebene Bogen ausmacht. Der Verfasser sey wer er wolle, so ersiehet man aus dem Wercke, daß er bey denen Begebenheiten selbst zugegen gewesen, alles sorgfältig bemercket und fleißig aufgezeichnet habe. Der Styl ist rein, druckt die Sache wol aus, die Erzehlung aufrichtig, und mit Umständen vergesellschafftet, aus denen die gedruckten Geschicht=Schreiber vermehret, und verbessert werden könten; und also das Werck nach allen seinen Stücken, der Herausgebung würdig.

Ich will noch ein paar Worte von der vorgesetzten Abhandlung über Karnkovii Jus Provinciale Ter-rarum Prussiae, melden. Weil dieser Tractat zu einer Zeit ans Licht getreten, die in diejenige Jahre einfält welche ich in diesem Bande beschrieben: so habe ich nicht undienlich gehalten, davon eine Nachricht zu geben, damit die, denen solche Karnkovianische Schrifft zu handen Kommt, und in diesen Sachen keine gnugsame Kenntniß haben, nicht meynen mögen, sie hätten ein vollständiges Preußisches Jus Publicum angetroffen. Die Abhandlung ist deswegen kurtz gerahten, weil ich das, so zur Erläuterung eines jeden Stücks, so in der Sammlung enthalten, könnte gesaget werden, allbereit in den Geschichten selbst, jedes an seinem Ort angezeiget, und dahin die Leser verwiesen habe. Das übrige hat mein fleißiger Vorgänger, Caspar Schütze, in Gestalt eines Brie-fes abgefast, den ich so, wie ich ihn von seiner eigenen Hand gefunden, denen Lesern mitgetheilet.

Dantzig, den 1. Sept. 1724.

Kurtze


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Gottfried Lengnich: Geschichte der preussischen Lande 

© 2000   Volker J. Krueger, heim@thorn-www.de
letzte Aktualisierung: 13.03.2004