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Rathausturm mit Copernicusdenkmal

Festschrift

zu der am 2 ten Februar 1861 stattfindenden zweihundertjährigen Jubelfeier
der
evangelischen Kirche
zu

Gurske.

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Thorn, 1861.
Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text
Geschichtliche Nachrichten
über die
erste Begründung der Kirche zu Gurske, ihre Zerstörung und ihren Wiederaufbau.
 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.


[3] Nach einer Nachricht, die in der Preußischen Chronik des Johannes Leo, gewesenen Domherrn zu Gutstadt, enthalten ist, fanden die deutschen Ritter bei ihrer Ankunft in Preußen, da wo jetzt das Dorf Alt-Thorn liegt, eine noch nicht ganz ausgebaute, Johannes dem Täufer geweihte Kirche vor, deren Ausbau sie im Jahre 1231 bewirkten. Wahrscheinlich aber war diese Kirche nur Baufälligkeit und wurde von den Rittern reparirt. Späterhin muß sie befestigt worden sein, denn in der Urkunde des Königs Sigismund I. vom Jahre 1515, durch welche er seine der Stadt Thorn vom Jahre 1514 verliehene Schenkung des Dorfes Alt-Thorn bestätigt, finden sich die Worte: "einen gewissen Ort Altes Thorun genannt mit der dortigen seit langer Zeit befestigten Kirche." In der Schenkungs-Urkunde dieser Kirche des Hochmeisters Heinrich Dusener von Arfberg vom 5. Okrober 1346 heißt es unter anderm: "Wir wünschen die Parochial-Kirche in Alt-Thorun zu schenken, (dotare) wo viele unsererfrühern Brüder selig ruhen." Zur Zeit, als die Stadt Thorn diese Kirche geschenkt erhielt, war sie nach dem Bericht der Urkunde schon verödet. Denn ein Senatsbeschluß vom 22. September des Jahres 1595 verurtheilt den Maurergesellen Michael Zwippel, weil er ohne Vorwissen und Willen Eines E. Rathes zu Thorn über 4000 Ziegel von der verfallenen Kirche zu Alt-Thorn an der Weichsel gebrochen und jedes Hundert um 6 Groschen verkauft hatte, zu achttägiger Gefängnißstrafe und zu einjähriger Verweisung aus der Stadt. - Im Jahre 1603 am 30. Juni wurde beschlossen, die [4] Kirche zu Smogurske zu bauen [Act. Coss.) und am 6. Juli 1612 das Fundament zu derselben gelegt, auf Veranlassung des Magistrats zu Thorn. Die Kirche ward im folgenden Jahre 1613 fertig und 1614 Korbach Prediger zu St. Marien in Thorn, mit einer deutschen Predigt und Dr. Johann Turnovius mit einer polnischen Amtspredigt eingeweiht. Nachmittags predigte Paulus Paliurus, Pfarrer in Gremboczyn. Gutshalter war damals ein gewisser Simon Esken. Da die Thornische Chronik von Zernecke, welche sich hierbei (S. 251) auf ein Manuscript und Hartknochs Kirchengeschichte bezieht, den Esken ausdrücklich fundatorem nennt, so ist wahrscheinlich vor dieser Zeit keine evangelische Kirche in Gurske gewesen. Der Tod des Stifters erfolgte schon einige Monate nach der Einweihung, nämlich am 14. Juli 1614 und es ist ungewiß, ob derselbe aus seinem eigenen Vermögen etwas zum Bau der Kirche und der Predigerwohnung beigetragen habe. Vermuthlich ist es nicht geschehen, weil die Chronik nichts davon erwähnt, da sie doch aller übrigen Vermächtnisse zu frommen Zwecken ziemlich umständlich gedenkt. Hätte der Fundator, (unter welchem Wort man hier wohl nur an einen Mann denken kann, der eine Kollekte zum Behuf der Baukosten veranstaltete und sich der Aufsicht und Leitung des Baues unterzog)1) - der Kirche etwas vermacht, so würde da, wo von Besoldung des Pfarrers die Rede ist, Erwähnung geschehen sein; allein auch hier wird bloß erzählt, dass der Rath dem dahin berufenen Prediger 200 Mark (50 Rtl.) zum Gehalt angewiesen und ihm ein Geschenk von 20 Rtl. gegeben, wahrscheinlich entweder Reisekosten, oder als Beihülfe zu den ersten Bedürfnissen in seiner neuen Stellung.

In dem Schwedenkriege wurde die Kirche von den Polen zerstört, allein schon 1660 wieder aufgebaut und durch den Senior Neunachbar am Mariä Reinigungstage im Beisein des Bürgermeisters Anton Donepe feierlich eingeweiht. Die dabei gehaltene Predigt ist im Druck erschienen. Vgl. Neunachbars evangelische Katechismus-Uebung, Theil 3 S. 219.2)


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  • Seite 2: Anmerkungen des Herausgebers dieser Site

  • 1)  Es ist schon sehr bemerkenswert und macht mich immer wieder nachdenklich, dass auch ältere - also dem Geschehen nähere - Quellen, nicht immer die zuver-lässigsten sind. Andererseits zeigt dieses Beispiel, dass auch neuere Quellen, denen man - wohl zu Unrecht - das Verstehen aller vorangegangenen Quellen unterstellt, nicht sehr zuverlässig sind. So hat doch schon 1727 Zernecke in seiner "Thorner Chronica" zum Jahr 1613 und 1614 dargelegt, dass Simon Esken (auch ohne eigene Spenden) deshalb "fundator" der Kirche von Gurske genannt wird, weil er damals der Kämmerer der Stadt Thorn und somit für die landwirtschaftlichen Güter der Stadt zuständig - also deren "Halter" - war. Von diesen Zusmmenhängen scheint Dr. Alexander Lambeck - sicherlich ein sehr gebildeter Mann mit einem Verlag in Thorn im familiären Hintergrund - keine Vorstellung mehr gehabt zu haben. Es macht mich aber auch immer wieder bange, dass in der Geschichtswissenschaft sehr oft eine einmal nieder-geschriebene "Tatsache" - per Zitat immer weiter verbreitet wird und so allmählich zur einzig gültigen und auch nicht mehr hinterfragten "Wahrheit" wird, obwohl sie beim ersten Mal vielleicht garnicht so zuverlässig ermittelt wurde.

    2)  Dieser Abschnitt entspricht wortwörtlich den ersten beiden Absätzen der "Chronik der Kirche zu Gurske." aus dem Jahre 1850 von Dr. Alexander G. H. Lambeck, Pfarrer der Thorner Niederungs-Ortschaften.


 
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© 2000   Volker J. Krueger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 18.12.2004