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Die Sage im Weichselknie  


Die Steinbrücke im Weichselknie

Eine Sage niedergeschrieben im Jahre 1948

von

Adeline Gaglin (28.2.1894 - 29.9.1987)

aus Schwarzbruch,

eingereicht von ihrem Enkel Karl-Heinz Konzelmann

Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text

So geht die Sage von der Steinbrücke im Weichselknie
und wie der Hahn auf den Kirchturm kam.

 
 

Ein Bäuerlein ward in großer Not. Krank sein Weib, er hatte nicht Brot. Er sah die hungernde Kinderschar. Da ward es ihm zum Gebot. Die Hühner, die packt er in den Korb. Auch der stolze Hahn, der mußte mit. Nach Bromberg zum Markt das Bäuerlein wollt. Der Weg ist weit. Über die Weichsel muß er dabei. Das Bäuerlein scheute nicht Mühe und Not. Das Schicksal der Seinen ihm am Herzen lag.

Vor Tag er machte sich auf den Weg, kam an die Weichsel. Kein Nachen ward zu sehen. Vergeblich der Bauer da Ausschau hielt. So sieht er des Fährmanns Haus. Doch leider auch der ward nicht zu Haus. "Herrgott!" so schrie das Bäuerlein in seiner Not. "Ich muß zum Markt, zurück nach Hause, das kann ich nicht!" Da ward das Bäuerlein verdrießlich so sehr und wünschte sich den Teufel her. Der Teufel zum Bauern da sprach: "Heh! Bäuerlein ich helfe dir in Deiner Not. Eine Brücke baue ich geschwind über die Weichsel dir. Vor dem ersten Hahnenschrei ist fertig sie. Dann Bäuerlein, deine Seele, sie gehört dann mir. Heh! Die will ich dann rösten in der Hölle Pfuhl. Heh!" Geschrieben ward da der Vertrag. Das Bäuerlein unterschrieb mit seinem Blut. Der Teufel drückte das Siegel darauf mit seinem Fuß. Der Vertrag wurde auf einen Stein gelegt.

"Bis vor dem ersten Hahnenschrei die Brücke wird fertig. Dann Bäuerlein steck den Vertrag ich ein und deine Seele ist mein. Heh! Heh!", so der Teufel da sprach. "Doch ertönt vor der Vollendung der Brücke ein Hahnenschrei, dann Bauer muß flüchten ich, hinfällig ist dann der Vertrag. Denn mit dem ersten Hahnenschrei der Tag beginnt. Der darf mich nicht auf Erden seh'n." Zufrieden ward damit das Bäuerlein und nickte dazu.

Fröhlich der Teufel nun an die Arbeit ging. Riesengroße Steine, er trug sie geschwind und legte sie auf der Weichsel Grund. Sie sahen noch etwas aus der Weichsel hervor. So eine Brücke entstand über den Strom. "Heh! Bäuerlein jetzt fehlt nur noch ein Stein, dann kannst du über die Weichsel zum Markte hin." Vergeblich der Teufel da Umschau hielt, in der Nähe kein passender Stein. Bei Schloß Birglau erblickt er den passenden Stein. "Heh! Bäuerlein eine Stunde mußt warten noch. Von Schloß Birglau am Tor, von dort muß ich holen den letzten Stein." so der Teufel sprach. "Der Weg ist wohl 4 Meilen weit."Bedächtig das Bäuerlein auf dem Steine saß und nickte zu allem dazu. Ab ging der Teufel wie der Wind. Der Wächter im Turme von Schloß Birglau den Teufel sah, wie er forttrug den großen Stein. Der fromme Wächter sank auf die Knie. "Herrgott", so schrie er, " was will der Teufel mit dem großen Stein, gewiß betrügt er eine Seele dir." So betete der Wächter dann: "Herr, hab du Erbarmen doch."

Wie das Bäuerlein so verlassen auf dem Steine saß, Angst ihm da um seine Seele ward, er schwitzte fürchterlich. Doch weil ein pfiffiger Mann er ward, so er auf den Gedanken kam, leise krähte er vor sich hin. Davon erwachte sein Hahn im Korb. Denn das Frührot sah man im Osten schon. Laut flügelschlagend kräht der Hahn: "Kikeriki!" Als der Teufel mit dem Stein am Ufer kam an, entsetzt ließ er fallen den Stein, eingekrallt hatte er seine Finger darin. Schimpfend lief der Teufel davon und schwor bei sich selber dann: "Mit den Bauern, die Hühner tragen, laß ich mich niemals wieder ein. Was hatt' ich für meine Mühe jetzt? Nur Hohn und Spott."

Hinfällig ward der Vertrag, das Bäuerlein steckte ihn ein, dankte Gott auf den Knien sodann und liebkoste den Hahn. Das Bäuerlein wagte den Sprung auf den zwei Meter vom Ufer entfernten Stein. Und sieh, es gelang. Trockenen Fußes ging er über die Weichsel sodann. Mit dem Hahn er nicht zu Markte ging. Zum frommen Abte trug er ihn hin. Den Vertrag mit dem Teufel, den das Bäuerlein unterschrieben mit seinem Blut, den verschloß der fromme Abt im Archiv in Ostrometzko, da liegt er bis zum heutigen Tag. Doch den Hahn, der eine Seele errettet von der Höllenqual, den nahm der Abt und trug ihn eigenhändig auf die Kirchturmspitze. Da ist er heute noch zu seh'n. Die Steinbrücke im Weichselknie den Schiffern zum Verderben ward. Entfernt wurden die Steine aus dem Strom. Doch alle liegen sie in der Weichsel noch. Der Stein am Ufer, den kann heute noch jeder seh'n, eingedrückt ist darin des Teufels Hand.


 

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Die Sage im Weichselknie  

© 2000   Volker J. Krueger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 01.08.2004