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250 Jahre Evangelische Kirche Gurske  


Ernst Basedow


Festschrift
zu der am 28. September 1911 stattfindenden
zweihundertfünfzigjährigen Jubelfeier
der evangelischen Kirche in Gurske


Thorn 1911
Verlag von Walter Lambeck


Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text
III.  Das zweite Jahrhundert (1761 - 1861).

 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer [23] bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.


Am 2. Februar 1761 beging die Gemeinde feierlich die hundertjährige Wiederkehr der Einweihung ihres Gotteshauses. Pfarrer Liebelt predigte über denselben Text wie hundert Jahre vorher der Senior Neunachbar. In dem der Predigt angehängten Bericht über die im ersten Jahrhundert vorgenommenen Taufen, Trauungen und Beerdigungen wird bemerkt, daß nach Gurske die Dorfschaften Czarnowo, Bösendorf, Pensau und Guttau eingepfarrt waren. In diesen Ortschaften wurde wegen der Entfernung von der Kirche in Gurske an allen Sonn- und Festtagen in den Schulen von den Lehrern Lesegottesdienst abgehalten. Außerdem hatten diese Ortschaften bei den Schulen besondere Begräbnisäcker.

Im Jahre 1772 kam nun Westpreussen unter die Oberhoheit des Königs von Preußen und die Thorner Stadtniederung wurde der Aufsicht der Königlichen Regierung in Marienwerder unterstellt. Da [10]aber Thorn nicht mit übernommen war, so begann für den Pfarrer in Gurske eine schwere Zeit, denn einerseits wollte der rat von Thorn seine Hoheitsrechte ausüben und andererseits verlangte der König von Preußen Gehorsam. Dies zeigte sich bei dem Gursker Gesangbuchstreit. Am 5. März 1782 verfügte die Königliche Regierung in Marienwerder, um die verschiedenen Sammlungen von geistlichen Liedern zu beseitigen, die Einführung des bei dem Hofbuchdrucker Kanter in Marienwerder erschienenen Gesangbuchs zum gottesdienstlichen Gebrauch in den preußischen Landen. Um dies zu ermöglichen, wurde angeordnet, daß in der Predigt darauf hingewiesen würde, nach derselben passende Lieder verlesen und Freiexemplare verteilt würden. Üeber den Erfolg berichtet Pfarrer Liebelt mit folgenden Worten: "1782 war eines der traurigsten Jahre meines Lebens, denn wegen der Gesangbuchpredigt hatte ich viel Aerger und Herzeleid. Zur Einführung kam es nicht, da Dummheit, übel angebrachte Vorsorge für das Interesse der Gymnasiumsbibliothek und bei der Gemeinde Sparsamkeit am unrechten Orte dieselbe vereitelte.

Das Jahr 1786 brachte den Dörfern Alt-Thorn und Gurske einen doppelten Dammbruch und eine Ueberschwemmung, deren Folgen lange Zeit fühlbar und darum dem kirchlichen Leben besonders nachteilig waren. Allmählich war die Besiedlung der Niederungsortschaften weiter fortgeschritten. Im Norden war das Dorf Guttau im Jahre 1732 und das Dorf Neudorf oder Neubruch im Jahre 1780 gegründet worden. Am Ende des achtzehnten Jahrhunderts finden wir dann außer in Pensau und Bödendorf auch in Czarnowo, Guttau und Neubruch Bethäuser, in denen der Pfarrer von Gurske viermal im Jahr Gottesdienste abhielt.

Schwere Heimsuchungen brachten die Kriegsjahre 1805 bis 1814 den Niederungsortschaften. Lieferungen für die mobilisierte preußische Armee, Fouragefuhren nach Thorn, Graudenz und schließlich nach Polen, Geldkontributionen, Einquartierungen brachten sie in so große Not, daß schließlich der Dorfvoigt bei dem Unterpräfekten vorstellig wurde. In der Bittschrift heißt es: "Wir sind nichts mehr zu leisten im Stande, da die ausübende Gewalt uns alles genommen. 170 Pferde sind fortgenommen, das Vieh teils geschlachtet, teils geliefert, alles andere Kleinvieh geraubt, die Feld- und Gartenfrüchte ausgehütet und verdorben; keine Sommersaat gedeiht, da sie weggenommen ist".

Am 6. Juni 1812, nachmittags 5 Uhr fuhr Napoleon in Begleitung polnischer Ulanen durch Gurske. Wieder wurden all Winkel nach Pferden und Wagen durchsucht. "Sein Einzug und Abzug war für den Nährstand nicht erfreulich, sondern schrecklich in Abgaben und ...................................... [11]Schaden von 115 369 Fl., durch die Ueberschwemmung einen solchen von 53 191 Fl.

Am 1. Mai 1830 brannte das Pfarrhaus nebst Stallgebäude nieder. Letzteres wurde bereits im Oktober desselben Jahres wieder aufgebaut, mit dem Bau des Pfarrhauses wurde am 11. April 1831 begonnen und derselbe im Herbst dieses Jahres vollendet. Verschiedene Umbauten und Instandsetzungsarbeiten wurden in dieser Zeit auch an der Kirche vorgenommen. Die Sakristei wurde aus der nördlichen Vorhalle nach der Südseite verlegt, 1838 das zweite Chor neben dem Altar erbaut, 1842 die Orgel durch den Orgelbauer Scheffler aus Graudenz repariert, erweitert und durch Anlegung eines Pedals verstärkt, 1843 der innere Kirchenraum einer durchgreifenden Renovierung unterzogen, 1851 die mit Blech beschlagene Kuppel des Turmes repariert und mit roter Oelfarbe gestrichen, die Kugel unter der Fahne feuervergoldet und der Turm selbst mit grauer Oelfarbe gestrichen.

In dem Dorfe Pensau wurde nach mehrjährigen Unterhandlungen 1843 eine neue Kirche erbaut. Am 10. Dezember weihte sie Superintendent Laue aus Thorn, Pfarrer Lambeck predigte an diesem Tage über Psalm 84. Neben dem Bethause in Guttau wurde im Jahre 1857 ein Turm errichtet und in ihm zwei vom Glockengießer Bröse in Posen gegossene Glocken aufgehängt.

Zur Gursker Kirche hatten sich bisher sämtliche Thorner Niederungsortschaften, seitdem sie bewohnt und angebaut wurden, gehalten. Diese Verbindung mit der Kirche und Pfarre war aber keine geregelte und feste. Daher wurden zur hiesigen Kirche nunmehr eingepfarrt: 1845 die Alt Thorner Kämpe, der Gursker Angewachs, die Jankower Kämpe, Schmolln, Renczkau, Renczkauer Horst und Hütung und Stanislawken, 1846 Neubruch und Schloß Birglau, 1847 Lubianken, Blottgarten, Roßgarten, Przysiek, Birglauer Wiese, Bösendorfer Außendeich, das Gut Sieroko und Lonzynnek, 1850 das Forsthaus Guttau, die Lonzynneker Hütung und Swierzyner Wiese, 1851 das adlige Gut Cychorads.


 
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© 2000  Volker J. Krüger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 13.03.2004