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Pfarrer Reinhold Heuer - ThornMitteilungen des Coppernicus-Vereins für Wissenschaft und Kunst, Heft 27, 1919, S. 2 ffFür Vollbildansicht bitte Bild anklicken! |
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Holbeins Bild des Georg Giese und Thorn |
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Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original. |
[2]Im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin hängt, viel bewundert, eins der schönsten Bildnisse, die Hans Holbein d.J, jemals gemalt hat, «ein Juwel der Malerei»; es ist 1532 in London entstanden wohin Holbein im genannten Jahre zum zweitenmale gegangen war. Dargestellt ist auf dem Bilde Georg Giße (Gyse) im Alter von 34 Jahren. Er sitzt hinter einem mit prächtigem Teppich gedeckten Tisch und öffnet eben einen eingelaufenen Brief, dessen Adresse lautet: Dem erssamen Jergen gisze to lunden In engelant Mynem brodere to handen. Daß er Kaufmann ist, sehen wir an den Geschäftsbriefen, die hinter Leisten an der Wand stecken, den Büchern auf den Bortbrettern, dem Petschaft, dem Schreibgerät, der Schale mit Geld auf dem Tische. Daß aber auch die Liebe sein Herz gerührt hat, läßt uns der schöne Nelkenstrauß vermuten, der neben all den kaufmännischen Geschäftsdingen auf dem Tisch steht. Denn eine Nelke soll nach der Blumensprache des Mittelalters tragen, «wer sich ein Lieb auserwählt, das ihm lustlich und herziglich ist, und wenn sie beide ein Gemüte haben». Ältere Biographen Holbeins nahmen an, daß der Porträtierte ein in London beschäftigter Baseler Kaufmann gewesen sei. Diese Annahme lag nahe, weil in der Tat in Basel (wo Holbein ansässig war), der Name Giese in jener Zeit vorkommt. Allein Lic. Freytag hat in der Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins (XL S. 107 ff.) mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß die niederdeutsche Form (to lunden, to handen, broder) der Briefaufschrift seines Bruders notwendigerweise auf Norddeutschland als Heimat des G. deute. Er hat ferner darauf hingewiesen, daß in dem damals noch ausschließlich niederdeutsch redenden und schreibenden Danzig um jene Zeit eine Kaufmannsfamilie Giese blühte, und er hat nachgewiesen, daß es in dieser Familie tatsächlich einen Georg G.*) gab, der 1532 gerade 34 Jahre alt war. Da im 16. Jahrhundert eine ganze Reihe von Danziger Kaufleuten dauernd oder vorübergehend des Handelswegen in London weilte, so ist kaum noch ein Zweifel daran möglich, daß der von Holbein Abgebildete dieser Danziger Ceorg G. ist. Wir Westpreußen haben also an diesem hochberühmten Holbeinschen Gemälde außer dem künstlerischen noch ein provinzialpatriotisches Interesse; dazu kommt aber für uns Thorner ein lokalpatriotisches hinzu. Nach Freytag, der sich dabei auf ein Manuskript der Danziger Stadtbibliothek stützt, hätte Georg Giese sich 1535 in Danzig mit Tidemann Krügers Tochter verheiratet, die schon 1532, zur Zeit seines Londoner Aufenthalts, mit ihm versprochen gewesen sei, und auf die also der Nelkenstrauß hindeuten könnte. Daß diese Hochzeit in Danzig stattgefunden habe, ist möglich. Aber die junge Dame, die Giese heimgeführt hat, [3] und zwar schon im Januar 1534, auf die also die Nelken zu beziehen sein dürften, war trotzdem keine Danzigerin, sondern eine geborene Thornerin. Im altstädtischen Schöppenbuch von Thorn nämlich (Archiv IX, 6 S. 40) steht folgender Eintrag: Es ist vor gehegtem Afterdinge personlich erschienen der Namhaffte u. vorsichtige Georghe gysse von Danczich u. hott gutwilligh u. freymuttigh offentlich bekannt . . ., wie das er von denen Erbarn Namhaft u. weisen Herren Lux kruger Ratman disser kongl. Stadt, wie auch Herren Arndt von der Schellinghe von Danzig von wegen seiner ehlichen Hawsfrawen Cristine, seligen Herren Tylemann krugers nochgelassene tochter, was ir von irem großmutterlichen Anfall an Gold, Geld, Silber, Geschmeyde, Hawsrodt u. sunst insgemeine alle Hab u. Gut, fahrendt u. unfahrendt, beweglich u., unbeweglich, liegende Gründe binnen u. bawßen dieser Stadt, wo die immer sein mugen, zukommen ist, als nemlich von wegen des dritten teils, zu genuge entrichtet u. vorgenuget ist ... Auff solche entrichtunge hott Georghe Gysse Nicolaum Newdorff, disser Stadt u. Gericht schreyber gemechtigt das dritte teyl, von deswegen er, wie vormeldt, vorgnuget, aller u. jeder Landtguter als nemlich ffryde u. kyrchtawer an Eckern, Wiesen, Garten u. Hoffe etc., weiche seyner Hawsfrawen angekommen (?), Hern Lux krugher von seynetwegen u. in seynem nahmen zu dirreichen u. dirlangen, wie recht, u. ferner solcher Gutter zu vorczighen . . . Act. 16 Januar 1534. Also Georg Giese's Frau war die Schwester des Thorner Ratmanns Lucas Krüger, der später auch Bürgermeister wurde und, 1549 starb*). Ihr Vater war der im Jahre 1517 in Danzig verstorbene Thorner Ratmann Tilemann K. gewesen**), ihr Großvater aber Heinrich Krüger, in Köln, am Rhein geboren, 1470 hier eingewandert, ein sehr angesehener und wohlhabender Mann (u. a. war er vielfacher Grundbesitzer im Kreise Thorn; 1473 wurde er Ratmann, 10 Jahre später Bürgermeister; er war auch kulmischer Landschöffe und römischer Ritter; 1491 legte er sich eifrig für die Reform des Franziskanerklosters St. Marien ins Zeug und zwar mit Erfolg; im Jahre 1502 brachte er einen geistig minderwertigen Sohn im Kulmseer Domkapitel unter; seine Frau - es war die zweite - hieß Justine; er starb 1504 und wurde in der Marienkirche begraben, wo sein Grabstein noch heute zu sehen ist***). Von seiner Frau, ihrer Großmutter also, hatte Christine Giese geb. Krüger neben [4] anderem ein Drittel der Güter Friede und Kirchtauer, heute Friedenau und Gostgau*) geerbt. Von ihren Geschwistern abgefunden, verzichtet sie durch ihren Mann vor dem Schöffengericht auf dieses ihr Erbteil. Da Georg Giese hier in Thorn persönlich bei dieser Auseinandersetzung am 16. Januar 1534 anwesend ist, liegt es nahe, daß eben damals auch seine Hochzeit mit Fräulein Christine stattgefunden hat, und zwar vermutlich im Hause ihres Bruders Lucas, das in der Baderstraße lag**), und in dem sie auch aufgewachsen sein wird; sie zog dann mit ihrem Eheherrn nach Danzig, wo dieser bald ins Schöffenkollegium und schließlich auch in den Rat kam und als Ratsherr 1562 starb***). Es liegt natürlich auch die Möglichkeit vor, daß ihre Mutter, die ebenfalls den Vornamen Christine hatte****), nach dem Tode des Mannes (1517) nach Danzig gezogen ist, und daß Ch. dort geheiratet hat. Selbstverständlich mehrt dieser Nachweis den Wert des Holbeinschen Bildes nicht im mindesten. Immerhin ist es für einen Thorner nicht ohne Reiz, es in einer, wenn auch nur entfernten, wahrscheinlichen Beziehung mit unserer alten Stadt zu wissen. Anmerkungen: Seite: [2] ![]() *) Ein älterer Bruder von ihm war der spätere Bischof von Kulm und Ermland Tidemann Giese, der Freund des Nic. Coppernicus. Er war 1508 im Interesse der Stadt Thorn in ihrem Prozeß gegen den Bischof Erasmus von Plock tätig gewesen: Archiv Thorn III 79. Seite: [3] ![]() *) Prätorius «Thorner Ehrentempel» S. 35, wo aber angegeben wird, daß er erst 1538 als Ratmann vorkommt, was also falsch ist. Seite: [4] ![]() *) Friedenau noch 1627, Gostgau noch Mitte des 17. Jahrhunderts im Besitz eines Krüger: Märcker S. 240, 245. |
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Volker J. Krüger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 13.03.2004