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Hans Maercker: Geschichte der ländlichen Ortschaften und der drei kleineren Städte des Kreises Thorn  


Rathausturm mit Copernicusdenkmal

Geschichte

der ländlichen Ortschaften und der drei
kleineren Städte
des

Kreises Thorn

Von
Hans Maercker
1899

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Seite 579:

Wiesenburg

 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer [23] bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.


[579]Pussesck (1414), Pzreseck (1447), Prziesek (1454), Przeseck, Przesseeck, Przesszek u. Przeszek (1457), Przysiek (1699).

Es ist ein Gut7).

[580]Zur Ordenszeit war es ein kölmisches Zinsdorf der Komturei Thorn. Jede der 16 Hufen hatte ½ Mk. und 2 Hühner halb zu Martini, halb zu Lichtmess zu zinsen. Im Jahre 1437/381) waren 8 Hufen besetzt und 8 wüst; 4 Gärten, die jeder 4 Scot zinsten, waren besetzt und 2 wüst; 1 Kreczmer zinste zu Martini ½ Mk. und 2 Hühner; auch gaben sie alle 14 Tage 8 Scot Waldzins. Summa des Zinses 13 ½ Mk. 8 Scot. Im Rechnungsjahre 1447/482) betrug der Zins von Hufen, Garten, Kreczem und dem Walde 15 Mk. 20 Scot, ferner 14573) 18 Mk. 3 Vierdung.

Durch Schenkung des Königs Kasimir von Polen vom 26. August 14574) wurde das Dorf der Stadt Thorn als erblicher und ewiger Besitz zu kulmischem Recht verliehen und erhielt dadurch die Qualität eines adligen Gutes. Es wurde 15995) dem Bürgermeister Heinrich Stroband, der zum kulmischen Landschöffen bestimmt war und als solcher ein adliges Gut besitzen musste, vom Magistrat gegen einen Revers verschrieben. J. J. 1601 wurde es zum ersten Male durch Friedrich Berendt, einen bestellten danziger Landmesser, vermessen und 25 Hufen 8 Mgn. 217 Q.-R. kulm. gross befunden.

Für die Stadtfinanzen besonders wichtig wurde die Anlage des Brauhauses in Przysiek i. J. 16086) und dessen vollständige und stattliche Wiederherstellung i. J. 1661, nachdem es im 2. Schwedenkriege ruinirt war. Seine Konkurrenz wurde sogleich von den thorner Brauern empfunden, welche vor dem Schöffengericht zu Kulmsee dagegen Protest einlegten. Seine Verwaltung stand unter einer besonderen Brauhaus- und Branntweinhaltungs-"Deputation", welche sich aus einem Bürgermeister, einem Rathmanne und 2 Mitgliedern aus jeder der beiden übrigen Ordnungen zusammensetzte. Als das Bier sich allgemeinerer Beliebtheit erfreute, wurde von den Landständen wiederholt der Versuch gemacht, die Brauerei zur Accise heranzuziehen. Doch fand Thorn hiergegen Gehör beim König und verhinderte die Besteuerung7). Eine weitere wesentliche Vermehrung fanden die Kämmereieinnahmen durch die Einrichtung einer grossen Branntweinbrennerei in Przysiek i. J. 1668, welcher durch Beschluss der drei Ordnungen das Branntweinmonopol [581] zugestanden wurde. Diese Vergünstigung erhielt am 12. Okt. 16731) die Bestätigung des Königs; jedoch sollten die Einnahmen zunächst zur Abwicklung der städtischen Schulden von 12000 Gulden dienen, die an dem Gute hafteten, und dann erst die Stadteinkünfte vermehren. Mit diesem Brauhause war der sogenannte "Danziger Keller" in der Stadt als Ausschank verbunden. Bereits vor der Mitte des 18. Jahrhunderts gingen die Einkünfte des Brau- und des Brannthauses in Folge der unglücklichen Verhältnisse des Landes wesentlich zurück. In der Periode von 1772-17932) werden die Einnahmen einschliesslich des Ertrages des "Danziger Kellers" mitunter aber wieder bis auf 19000 fl. in einem Jahre angegeben.

Das Vorwerk Przysiek wurde von 1702-1733 administrirt. Es brachte ausschliesslich der Brau- und Brennerei in den 16 Jahren von 1712-17183) im ganzen ein Minus von 16276 fl. 22 Gr. 9 Pf.; auch in der Zeit von 1718-1733 sind die 4 Rechnungsjahre von 1724/25 bis 1727/28 mit einer Unterbilanz vermerkt, während nur die 11 andern Jahre geringe Ueberschüsse brachten. Obenein brannte i. J. 1725 das Gehöft mit allen Vorräthen nieder, was einen Schaden von 8000 fl. verursachte. J. J. 1730 und nochmals 1731 brannte das Brauhaus nieder, 17334) wurde durch einen Gewittersturm der Schafstall umgestürzt und viele Schafe erschlagen, und 17345) wurde das Gut von den polnischen Conföderirten geplündert.

In Przysiek war eine Windmühle vorhanden6), welche aber 17257) abbrannte, und an deren Stelle eine oberschlächtige Mahlmühle mit einem Gange errichtet wurde, welche das Wasser aus dem dortigen Teich erhielt. Von 1737-40 verpachtete die Kämmerei dieselbe dem Meister Martin Tausch auf 3 Jahre. Derselbe hatte das Malz für das Brauhaus in Prz., sowie alle Getreide und Grütze für den dortigen Hof ohne Metze und Entgelt zu mahlen. Für das Schroten für das Branntweinhaus erhielt er 1 fl. 24 Gr. für die Last, aber keine Metze. Auch hatte er die ganze Mühlenanlage, welche jetzt einen Mahl- und einen Malzgang hatte, bei freiem Bauholz, jedoch mit Ausnahme des Malzganges zu unterhalten. Einen Geldzins entrichtete er nicht. Auch fernerhin wurde die Mühle verpachtet.

J. J. 17738) hatte Przysiek mit dem Kruge Schwarzloch 24 kölmer Hufen und 162 Bewohner, darunter 1 Schmied, 1 Schneider, 1 Schuster, [582] 3 Ratteyer, 6 Dienstgärtner mit Land, 5 Einlieger und 1 Pachtschäfer. Ausser einigen Bedienten waren die Einwohner Polen. Der Schäfer gab für jedes Hundert Schafe 33 Thlr. 30. Gr. Pacht, hatte aber das Land frei. Weder Ratteyer noch Dienstgärtner zahlten Zins; sie scharwerkten für freie Wohnung und Aussaat das ganze Jahr und erhielten noch Deputat und Lohn. Der Schmied war wegen der Hofarbeit ebenfalls zinsfrei, und nur der Krüger zinste 15 fl. 15 Wirthe aus Ziegelwiese mussten dem Vorwerk einen Tag jährlich mit der Sense scharwerken. - Der Niederungsacker war schwarz und zuträglich und brachte das 4. Korn, der sandige Höhenacker das 3. Die Ratteyer und Dienstgärtner hatten kein eigenes Land, sondern säten auf Vorwerksacker. Bei dem Vorwerk waren 2 Sch. Garteneinfall, gute Wiesen und ausreichende Weide. Holzung und Fischerei fehlte. Den Weichseldamm unterhielt die Stadt. Die Pfarre war die St. Lorenzkirche in Thorn; doch wurde kein Decem entrichtet.

Die Brauerei: Wegen Malzmangels wurde wöchentlich nur einmal, früher bei guter Abnahme 2-3 mal gebraut. Zu jedem Gebräu nahm man 46 Sch. Weizen, 23 Gerste und 11 Hopfen, wovon 46 Tonnen Bier gezo-gen wurden. Davon kamen 43 Tonnen in den alten Stadtkeller zum Ausschank. Für jedes Gebräu brauchte man 1 ½ Viertel Holz. Zum Brauen und Mälzen wurden ausser dem Mälzer 7 Leute gehalten, welche bei freier Kost 54 fl. Lohn erhielten. Der Mälzer erhielt 100 Thlr., 8 Sch. R. u. 4 Sch. Gerste. Das Bier wurde in der Stadt zu 10 fl. die Tonne verkauft. In den Fasten wurden jährlich 2 Gebräu "Kiehr-Bier" für den Magistrat zum Deputat gebraut, wozu noch einmal so viel Malz, als gewöhnlich genommen wurde. Weder der Krug in Przysiek noch andere Krüge durften von der Brauerei verlegt werden, sondern nur der przysieker Keller in Thorn.

Die Brennerei: Sie hatte 8 Blasen, wovon aber 1773 nur 3 im Gange waren; früher wurden im Winter vom Sept. bis Mai 5-6 betrieben. In einem Grapen wurden wöchentlich 5 Ohm, jedes von 110 Stof, gebrannt; dazu wurden 50 Sch. Roggen und 10 Sch. Gerstenmalz genommen. Holz wurde für 1 Blase wöchentlich über ein Viertel gebraucht und von eigenem Gespann von der Weichsel angefahren. Der Branntwein gelangte meist ohmweise in den thorner Rathskeller zum weiteren Debit, wo er direct an die Krüger ausgegeben wurde, welche das Achtel von 11 Stof mit 9 fl. bezahlten. - Zur Arbeit wurden 2 Untermeister und 3 Knechte gehalten; die ersteren bezogen wöchentlich 2 fl. 12 Gr., die letzteren 2 fl. 6 Gr. Lohn bei freier Kost. Geschrotet wurde auf der Rossmühle, die wechselweise von 4 Pferden getrieben wurde. Der Brenner erhielt von jedem Ohm 2 fl. 15 Gr. und täglich 10 Stof Bier, [583] weiter aber kein Deputat, - nur wenn nicht gebrannt wurde, wöchentlich 1 Sch. Roggen; von diesem Lohn musste er aber die erwähnten 5 Arbeiter halten und beköstigen. Ihm gehörten auch 18 von den Dorfspferden, welche zum Betriebe der Rossmühle und für die Hopfenfuhren gebraucht wurden; auch die Vorwerkspferde wurden zu Bier- und Branntweinfuhren benutzt. - An Mastvieh waren nur 26 Ochsen vorhanden, welche die thorner Fleischer hier zu halten pflegten und wofür sie wöchentlich pro Stück 45 Gr. Mastgeld zahlten. Beim Abbrennen mehrerer Blasen konnte mehr Vieh aufgestellt werden.

Die Wassermühle an einem kleinen Bache hatte 2 Gänge und war verpachtet. Der Müller musste für den Hof frei mahlen und für die Brauerei alles Malz frei schroten, wozu ein Gang beständig leer gehalten wurde. Der andere Gang war ihm dagegen für seinen Verdienst ohne weiteres Pachtgeld überlassen.

Bis zum Sept. 17831) wanderten nach Przysiek 3 neue Kolonistenfamilien ein. J. J. 17862) riss der Weichseldamm bei Gurske an 2 Stellen; das Wasser verursachte in der Branntweinbrennerei, worin es Tage lang stand, vielen Schaden. J. J. 17893) wird das Gut als ein ansehnlich gebautes Kämmereivorwerk u. Dorf beschrieben mit einer sehr wichtigen und einträglichen Brauerei. Das Bier war berühmt und unterschied sich von allen anderen guten preussischen Bieren durch seinen ganz besonderen und eigenthümlichen Geschmack, der dem hiesigen Wasser hauptsächlich zugeschrieben wurde. Die Brennerei ging i. J. 18034) ein, als die Kämmerei das Monopol an die Bürgerschaft gegen eine ihr alljährlich vom Staate zu leistende Kompetenz zum freien Betriebe überliess. Die Entschädigungsrente für den przysieker Branntweinzwang wurde nur anfangs gezahlt; i. J. 18415) wurde der Stadt nach Abrechnung verschiedener Forderungen des Staates ein baares Ablöungskapital von 68090 Thlr. gewährt. Die Brauerei brachte seit 1597 noch 4400 Thlr. ein; bei der späteren Vererbpachtung wurde sie mit 541 Thlr. in Anschlag gebracht6).

Das adlige Kämmereigut bestand bei Einrichtung des Grundbuchs aus
1. Vorwerk und Dorf mit Wald 90 Hufen   22 Mgn.   144 R.-M.
2. Dorf und Windmühle Rossgarten    16 " 17 " 220 "
3. Dorf Blottgarten     18 "    
4. Wiesen   ca. 16 "

[584] Der Krug Schwarzloch und ein Krug in Przysiek gehörten dazu. Es war 1808 an Ignaz von Gorski verpachtet. - Das Vorwerk wurde 18181) in einer Grösse von 58 Hufen 6 Mgn. 12 R.-M. vererbpachtet. Es gehörte dazu der sog. "Danziger Keller" im Rathause, der heutige Rathskeller, den der jedesmalige Besitzer von Prz. zum Depot und Ausschank des in Prz. gebrauten Bieres benutzen sollte, so lange Rathhaus und Keller existirten. Dafür wurde keine besondere Pacht bezahlt; er hatte aber die Reparaturen zu tragen. Es wurden ferner ca. 950 Mgn. von der Kämmereiforst dem Gute zugelegt. - Das städtische Obereigenthum wurde 1850 aufgehoben.

1856 April 19. kaufte es Reinhold Wolff zusammen mit einem Grundstück in Schmolln für 75500 Thlr.,
1861 Nov. 12. Gottschalk Cohnfeldt für 74000 Thlr.,
1868 Mai 22. Johann Friedr. Schirrmacher durch Tausch bei einer Bewerthung auf 100000 Thlr.,
1872 Juni 20. Ernst von Kaan für 122000 Thlr.,
1873 Sept. 25. Berthold Blütchen in nothwend. Subhast. für 78000 Thlr.,
1877 Dec. 29. Julius Freitag für 210000 Mk.,
1882 Juni 14. Eduard Biermann,
1882 Juni 27. Julius Freitag,
1886 Juli 31. Baumeister Ludwig Neumann.

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  • Seite 579:

  • 7)  Es ist im Verzeichnis des "Hypothekenbuchs Adliger Güter Thornschen Kreises" enthalten; heute wird es amtlich als "königlich" bezeichnet.

  • Seite 580:

  • 1)  Grosses Zinsbuch S. 254.
    2)  Th. A. V. 2. Rechnungsbuch des Komturs Albrecht Kalb.
    3)  Toeppen, St. IV. S. 550.
    4)  Ebendort S. 600.
    5)  Th. A. II. 1. Vermöge des Reverses erklärte er, dass er auf das Gut keinen Anspruch machen wolle, noch könne.
    6)  Zernecke S. 242, 346, 352.
    7)  Lengnich VI. S. 165, 193-195, VIII. S. 309, 310. Landtage von 1640, 1642 u. 1692.

  • Seite 581:

  • 1)  Th. A. XV. 30. Schöffenbücher von Schönsee. Abschrift des in Lemberg von König Michael gegebenen Privilegiums. Die Mittheilung bei Wernicke II, S. 312 weicht hiervon ab.
    2)  Wernicke II. S, 545.
    3)  Th. A. 3519.
    4)  Wernicke II. 501 u. 502.
    5)  Th. A. IIa Regest acta cons.
    6)  Th. A. 3545 schon 1699.
    7)  Prätorius S. 281.
    8)  Gr.

  • Seite 583:

  • 1)  Beheim S. 615.
    2)  Wernicke II. S. 563.
    3)  Goldbeck II. S. 40.
    4)  Prätorius S. 281.
    5)  Steinmann S. 247.
    6)  Beides bei Wernicke II. S. 576 u. 603.

  • Seite 584:

  • 1)  Gr.  Nach Steinmann S. 76 fand die Vererbpachtung erst 1833 statt, und zwar 2745 m. Mgn. Für 3500 Thlr. Kaufgeld und 632 Thlr. Kanon.


  • Abkürzung der Quellen

 
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letzte Aktualisierung: 24.03.2004