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Rathausturm mit Copernicus-Denkmal

Heinz Krause  † 4.3.2001

Sorgen um das Wetter?

aus
Der Westpreusse,
Nr. 22, 1989, S. 10

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Wetterbeobachtungen gesammelt im Kreise Thorn


Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.




Heinz Krause

[10] Die Meteorologen sagen uns immer wieder, daß wir mit großen Klima- und Wetterveränderungen rechnen müssen, wenn nicht bald der Verschmutzung der Natur und dem Raubbau der Wälder Einhalt geboten wird. Es leuchtet ein, daß wenn die schützende Ozonschicht über der Erde angegriffen wird, daß wenn die riesigen Tropenwälder dezimiert werden, daß das das Klima beeinflussen muß oder zumindest kann. Die großen Wetter-. Schwankungen der letzten Jahre gehen nach der Meinung mancher Leute darauf zurück. Sicher müssen da längere Beobachtungen gemacht werden, um Genaueres feststellen zu können.

Aus vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten sind uns aus unserer Heimat mancherlei Wetterbeobachtungen überliefert, und es ist interessant, festzustellen, welche ungeheuren Wetterextreme es damals auch gegeben hat. Die Thorner Chronik von J. E. Wernicke (Geschichte Thorns Bd. II aus dem Jahre 1842, die wiederum auf ältere Chroniken und Überlieferungen zurückgeht, weiß zu dem Thema recht viel zu berichten.

Thorn, wie auch der ganze Süden Westpreußens, hatte ein ausgesprochenes Binnenlandklima. Die Winter waren härter als etwa an der See, und dafür die Sommer desto heißer. Jedoch gab es auch hier jahreszeitliche Schwankungen, die ganz aus dem Rahmen des Üblichen fielen. Die Schilderung der Wetterverhältnisse verband man in Thorn meist mit dem Zustand der Weichsel, dem mächtigen Strom, der das Leben in so vielem bestimmte. So wird berichtet, daß man im Jahre 1590 trockenen Fußes durch den Fluß gehen konnte. Was muß das für ein trockener Sommer gewesen sein, denn die Weichsel, die bei Thorn bei normalem Wasserstand 375 Meter breit ist, hat eine durchschnittliche Wassertiefe von 1,67 Metern, wobei aber die Fahrrinne 4 bis 5 Meter tief ist. Dabei war das davor liegende Jahr schon durch große Hitze gekennzeichnet gewesen, denn in der Chronik heißt es wörtlich: "1589 vom Margarethentage (13. Juli) bis Mariä Himmelfahrt (15. August) war ununterbrochen eine so große Hitze, als seit Menschengedenken nicht gewesen. Die Menschen verbargen sich in die Keller, und die Hitze schlug wie Feuerflammen ins Gesicht." Eine außerordentlich milde Witterung gestaltete den Januar des Jahres 1594. Man konnte feststellen, daß die Vögel anfingen, ihre Nester zu bauen, und man wollte sogar den Kuckuck rufen gehört haben.

Andererseits gab es ganz strenge Frostperioden. So endete das Jahr 1594 mit großer Kälte, die im November einsetzte und bis Anfang März des nächsten Jahres anhielt. Dabei wurde die Weichselbrücke schwer beschädigt, als die Eismassen sich lösten. Die Zerstörungen an der Brücke gaben in kalten Wintern immer wieder Anlaß zur Klage. Es entstanden mitunter merkwürdige Situationen. So wird berichtet, daß einmal die "kleinere Brücke" ganz weggerissen wurde "ausgenommen das Feld, worauf die Wagen eines Fuhrmanns standen". Da es Abend war, konnte keine Rettungsaktion mehr in Gang gesetzt werden, und der Mann mußte in dieser gefährlichen Situation bis zum nächsten Morgen ausharren. Dann wurde er mit seinen Pferden und seinen zwei Wagen aus seiner mißlichen Situation gerettet. Im Jahre 1615 war wieder ein so harter Winter, daß das Eis die ganze Brücke mitnahm außer zwei Jochen, die stehenblieben. Aber auch im Sommer gab es ungewöhnliche Witterungsverhältnisse. In dem Jahre 1621 kam eine solche Regenflut über das Land, so daß die Weichsel im August mit ihrem Hochwasser die Brücke fortschwemmte und man mitansehen mußte, wie eine große Menge "Getreide in Mandeln und Gebünden vorbeischwamm, als es bei Menschen-Andenken nicht geschehen".

Im Rahmen dieses Berichtes ist es nicht möglich alle Anomalitäten des Wetters, die es im Laufe der Jahrhunderte gegeben hat, aufzuzählen. Dennoch sollen auch aus den nächsten Jahrhunderten die markantesten Fälle erwähnt werden. So wird immer wieder auf den äußerst scharfen Winter des Jahres 1709 Bezug genommen. In ihm erfroren zahlreiche Garten- und Feldbäume, die Vögel kamen um und ebenso das Wild in den Wäldern. 1726 soll es noch schlimmer gewesen sein. Darauf folgte im selben Jahr eine Dürre, die die Ernte äußerst mager ausfallen ließ. 1730 brachte der November so mildes Wetter, daß die Bäume zu blühen begannen, ebenso die Erdbeeren. Dagegen begann der Januar des Jahres 1740 mit so grimmiger Kälte, daß etliche Menschen erfroren, zumal das Holz zum Heizen knapp war und auch das Wasser in den Röhren erstarrte. Weiter heißt es in der Chronik: "Die Vögel stürzten aus der Luft herunter, die Rinde an den Bäumen zerplatzte, ...dem Vieh, das nicht in warmen Ställen stand, froren die Klauen ab, und der Hunger trieb die Wölfe bis in die Vorstädte Thorns." 18 Wochen dauerte diese Kälteperiode. Die verheerenden Hochwasser der Jahre 1786 und 1871, die in der Niederung so große Zerstörungen anrichteten waren auch auf strenge Winter und große Schneefälle zurückzuführen. Dennoch pendelte sich nach solchen großen Katastrophen das Wetter immer wieder ein.

In unserem Jahrhundert hat es natürlich auch etliche größere Witterungsschwankungen gegeben. Sie dürften manchem noch im Gedächtnis haften geblieben sein. Abschließend möchte nur noch von einer in unseren Breiten ganz ungewöhnlichen Wetterkatastrophe berichten, nämlich von dem Hurrikan, der den Landkreis Thorn im Sommer 1936 traf.

An einem heißen Julitag des genannten Jahres verfinsterte plötzlich eine dunkle Wolkenwand um die Mittagszeit den Himmel. Es war so dunkel, daß die Hühner ihren Stall aufsuchten, weil sie meinten, es begänne die Nacht. Und dann fegte ein Orkan mit einer ungeheuren Geschwindigkeit über ein Gebiet, das von Scharnau bis Kulmsee reichte. In etwa 20 Minuten wurden von dem mit Hagel vermischten Sturmwind 224 Wohnhäuser und 427 Wirtschaftsgebäude zerstört oder beschädigt. In Scharnau wurde bei Landwirt Duwe die noch gar nicht alte Scheune auseinandergerissen und gegen das Wohnhaus geschleudert, das dabei schwer beschädigt wurde. In Amthal hatte wohl das Unwetter am schlimmsten gehaust. Scheune und Stall des Bauern Zeriadtke, neu erbaut, blieben nur noch als Trümmerhaufen zurück. Gleichermaßen erging es den Grundstücken etlicher Nachbarn. Teile der Gebäude waren über 100 Meter und weiter verstreut. In Bösendorf, Rentschkau, Lonzyn und Siemon sah es zum Teil ähnlich aus. In Rüdesheim wurde der 16 Meter hohe Windmotor umgeworfen, in Schwirsen und Lonzyn stürzten die Kirchtürme ein. Die von dem Unwetter betroffenen Felder machten den Eindruck, als ob eine riesige Walze über sie dahingegangen wäre. Das noch auf dem Felde stehende Getreide blieb niedergedroschen liegen, viele Bäume in den Wäldern fand man in 5 - 6 Meter Höhe abgedreht und umgeknickt.

Heinz Krause



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© 2000  Volker J. Krüger, heim@thorn-www.de
letzte Aktualisierung: 13.03.2004