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Rathausturm mit Copernicus-Denkmal

Herbert Gertz

Die Brücke von Thorn





Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text Der Westpreusse 6/2003, S. 16
 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

[16] Von seinem letzten Thorn-Aufenthalte brachte unser Sohn Armin auch ein Foto von dem Wiederaufbau der 1939 bei Kriegsbeginn gesprengten Thorner Weichselbrücke mit. Es ist ohne Zweifel die Eisenbahnbrücke aus der Kaiserzeit; die etwa einen Kilometer flussabwärts gelegene Straßenbrücke hatte eine andere Konstruktion.

Bei Kriegsausbruch am 1. September war ich etwa 11 1/2 Jahre alt und kann mich deshalb an manche Vorkommnisse noch gut erinnern. Die politische Lage zwischen Deutschland und Polen hatte sich immer Wieder zugespitzt, willkürlich waren deutsche Bewohner unserer Heimat verhaftet worden und auch wir mussten um unser Leben fürchten, nachdem die Kriegshandlungen begonnen hatten. Von den politisch aufgehetzten polnischen Mitbewohnern hatten wir Deutschen gezielte Ausschreitungen zu befürchten. Deshalb verbrachten wir mehrere Nächte außerhalb des Hofes in einem abseits gelegenen, kleinen Erlenwäldchen und trauten uns erst am Morgen wieder heim. Auch tagsüber mussten wir auf der Hut sein, weil immer wieder polnische Militärtrupps durchzogen.

Nachdem es die letzten beiden Nächte ruhig geblieben war, verbrachten wir den Abend des 6. September auf dem Hof. Die Eltern blieben wach, wir Kinder schliefen angezogen in unseren Betten. Im Morgengrauen hörten wir einen Tumult auf dem Hof und liefen verschreckt nach draußen. Dort sahen wir einen Trupp polnischer Soldaten, die sich offensichtlich auf dem Rückzug befanden und nach etwas Essbarem verlangten. Doch alle Vorräte hatten durchziehende Trupps vor ihnen mitgenommen.

War es Wut oder Enttäuschung über den bisherigen Kriegsverlauf oder wollten sich die Soldaten einfach an einem Deutschen rächen - jedenfalls schickten sie sich an, unseren Vater zu erschießen. Wir Kinder standen weinend abseits, die gefährliche Situation war uns wohl nicht ganz bewusst. Plötzlich erschütterte eine gewaltige Detonation die Luft, in aller Eile zogen die Soldaten ab, unser Vater war mit dem Leben davongekommen.

Es war der 7. September um 3 Uhr morgens, als die beiden Thorner Weich-selbrücken durch polnisches Militär in die Luft gesprengt wurden. Um 16 Uhr des gleichen Tages besetzten deutsche Truppen die Stadt. Schon bald wurde mit dem Wiederaufbau der verkehrsmäßig wichtigen Eisenbahnbrücke begonnen und bei winterlicher Eiseskälte weitergearbeitet. Gerüchte besagten, dass dabei immer wieder Arbeiter vor Kälte erstarrt in die Tiefe stürzten und zu Tode kamen.


 
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AK: Thorn, von den Polen gesprengte Eisenbahnbrücke im Wiederaufbau
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AK: Thorn, Neue Brücke, total gesprengt, von Nord-Ost
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AK: Thorn, gesprengte Neue Brücke, von Nord-West
   

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© 2000   Volker J. Krüger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 13.03.2004