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Rathausturm mit Copernicus-Denkmal

Georg Dehio / Ernst Gall

Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler
Deutschordensland Preußen



 
München Berlin 1952

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Ausschnitt S. 70 ff: Thorn und Umgebung

 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

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T H O R N

Die 1231 als erste am rechten Weichselufer erb. Burg des Deutschen Ordens lag 5-6 km stromabwärts bei Alt-Thorn, bald darauf Gründung von Burg und Stadt am jetzigen Ort. Schon Ende 1233 Ausfertigung der Handfeste für Thorn und Kulm in Thorn als Grundlage des städtischen Verwaltungs- und Rechtslebens (1251 erneuert). Regelmäßiger Stadtplan, an der OSeite in Anlehnung an einen Bachlauf, der auch die an der SOEcke der Stadt gelegene Burg schützen sollte. Der Ausbau der Mauerbefestigung gehörte sicherlich zu den dringendsten und darum ältesten Bauunternehmungen. Rascher Aufschwung der Stadt dank der Entwicklung eines durch die Lage an der Weichsel begünstigten weitreichenden Fernhandels über Land (Polen, Ungarn, Schlesien) und über See (Flandern). 1264 Anlage der Neustadt durch den Orden auf der Burgfreiheit, vornehmlich für Handwerker und Gewerbetreibende (1457 mit der Altstadt vereinigt) Blütezeit Thorns in der 2. H. 14. Jh.; 1403 Verleihung der "Thorner Niederlage" durch den Hochmeister (bestand vielfach angefochten bis 1527), trotzdem hat der rasche Aufschwung Danzigs [71] den Thorner Handel mehr und mehr geschwächt. Nach dem unglücklichen Kriege mit Polen (1410 Tannenberg, 1411 erster Thorner Friede) und im Gefolge innerer Wirren des Ordensstaates betrieb Thorn durch seinen Bürgermeister Tielemann vom Wege mit besonderem Eifer den Abfall vom Orden: 1454 Zerst. der Ordensburg, 13jähriger Krieg, 1466 zweiter Thorner Friede. Trotz der Zugehörigkeit zu Polen blieb Thorn eine deutsche Stadt, sie nahm die Reformation an und erlangte 1558 ein Religionsprivileg. Nikolaus Coppernicus ist ein Sohn der Stadt (1473 geb.). Zweite Blütezeit unter Bürgermeister Heinrich Stroband (1587-1609). Die Erstarkung der von den Jesuiten geführten Gegenreformation führte zum Verlust der Hauptkirchen an die Katholiken (Johanniskirche 1596, Jakobskirche 1667, Marienkirche 1724). Nach wiederholten Belagerungen (1655, 1658, 1703) in den Kriegen zwischen Schweden und Polen und den Schrecken der Pest (1705-10) gingen Handel und Wohlstand fast ganz zugrunde. Dazu kam der nationale und konfessionelle Hader; bei dem dadurch hervorgerufenen grausamen Thorner Blutgericht wurden Bürgermeister Rösner und 9 evangelische Bürger am 7. Dezember 1724 hingerichtet. Neue Leiden brachten der 7jährige Krieg (1758-62 russische Besatzung) und der innere Zwist im polnischen Staat. 1793 wurde Thorn preußisch, 1807-13 gehörte es zum Herzogtum Warschau. - Das alte Stadtbild hat in den [72] Kriegen des 17.-18. Jh. schwer gelitten, auch das 19. Jh. hat mit vielem Alten allzu rücksichtslos aufgeräumt. Die Neubauten nach 1870 sind meist sehr unerfreulich, trotz allem sind der Stadt eine Reihe hervorragender Bauten geblieben, unter denen die ma. Backsteinbauten die 1. Stelle einnehmen. Sie sind mit ihrer Ausstattung für die Geschichte der Kunst im deutschen Ordensstaate von besonderer Bedeutung.

Burg des Deutschen Ritterordens. An der Weichsel auf einer Geländeerhebung zwischen Alt- und Neustadt gelegen. Das erste fest ausgebaute Schloß des Ordens 1234 beg. Die Grundmauern aus Feldstein, im übrigen frühgot. Ziegelbau kurz nach M. 13.Jh. (überlieferte Baudaten 1255 und 1263). 1454 von den empörten Bürgern der Stadt zerst. Das Konventshaus bildete ein unregelmäßiges Viereck von etwa 40-50 m Seitenlänge. Geringe Reste des Kapitelsaales und der Umfassungsmauern erhalten. An der NSeite lagen in verschiedener Höhe die Vorburgen, von denen 2 Tore erhalten blieben. Im 0 über dem hier die Grenze der Burg bildenden Bach der vorgeschobene stattliche Danzker (Abortturm wie in Marienburg und Marienwerder); zu ihm führt auf 2 Bögen den Zwinger überbrückend ein mit gratigen Kreuzgewölben bedeckter Gang, dessen Satteldach beiderseits mit Querdächern und gemauerten Giebeln besetzt war; der Turm selbst ruht im unteren quadr. Teil auf 4 hohen durch Spitzbögen verbundenen Pfeilern für den Durchlaß des Baches, der zerst. obere Teil ehem. 8eckig, statt dessen jetzt Walmdach. An der WSeite Graben zwischen Burg und Altstadt. Am Weichselufer die Reste einer Halle mit 3 Kreuzgewölben (Mannschaftsraum), ein Wehrganggeschoß ist zu ergänzen; weiter w gegen die Stadt ein zinnengekrönter Eckturm. Zwischen beiden wurde nach Zerst. der Burg über dem altstädtischen Parcham der Junkerhof errichtet (s. u.).

Altstädtische Pfarrkirche St. Johann (kath.). Kurzer, aber hoch ragender Ziegelbau, wohl um 1250 beg. (älteste urkundliche Erwähnung 1257), aber noch im Ma. mehrfach umgebaut. Halle von 3 Sch. zu 4 Jochen mit Seitenkapellen; gestreckter, gerade geschlossener Chor; einspringender, ungefähr quadr. WTurm mit niedrigeren Nebenräumen. - Der älteste, noch aus der 2. H. 13. Jh. stammende Teil ist der 3jochige Chor, im mittleren Joch ein frühes 4zackiges Sterngewölbe, das vermutlich um 1300 erb. ist, es zeigt gute Schlußsteine mit dem Lamm Gottes und den Evangelistensymbolen. Im hohen OFenster 4teiliges Maßwerk aus Kunststein mit Dreipaßfüllungen. Die halben 8eckigen Dienste und der Triumphbogen zeigen einen Wechsel mit schwarz glasierten Steinen. Das Äußere von schlichter Größe, das Dreieck des Chorgiebels nur mit 3 spitzbogigen und 2 kreisförmigen Blenden gegliedert. An der NSeite Sakristei um 1340 mit figürlichem Schmuck an den Gewölbekragsteinen. - Das Lhs. in der 2. H. 13. Jh. als 3sch. Halle gleich hoch wie der Chor erb. (Reste an der Chorwand), im Verlauf des 14. Jh. erweitert (Brandnachricht für 1351) und mit Kapellenreihen zwischen den Strebepfei1err versehen, 1468-73 Erhöhung mit Benutzung der alten Pfeiler, dadurch sehr hochstrebende [73] Halle, in jedem Ssch. über den niedrigeren und nicht sehr tiefen Kapellen zwischen den Strebepfeilern je 2 schlanke Fenster ohne Maßwerk. Die Pfeiler rechteckig mit abgeschrägten Ecken und halben 8eckigen Vorlagen, darüber reiche Sterngewölbe. 3 parallele Satteldächer mit selbständigen OGiebeln. - Der WTurm nach Einsturz 1406 in mächtigen Ausmaßen 1407 durch Meister Jakob beg. Das hohe Untergeschoß 1417 voll., die beiden Obergeschosse errichtete Meister Hans Gotland 1428-33. An der WSeite in ganzer Höhe durchgehende Mittelnische, ein sehr originelles und sonst nicht wieder vorkommendes Motiv, das vielleicht auf eine ältere Turmanlage nach Art der Dominikanerkirche in Dirschau schließen läßt. Gliederung durch hohe flache Blenden. Der Turm blieb unvoll., der jetzige Abschluß Notbehelf, der aber doch befriedigend wirkt. Die Vorhalle an der SWEcke 1484. - Im Innern die ehem, reiche farbige Ausstattung jetzt unter der Tünche verdeckt. An der NMauer des Chors ist 1908 ein großes W a n d g e m ä l d e eines tüchtigen Meisters (Tempera, 5,12 : 6,40 m) aus der M. 14. Jh. aufgedeckt; der schlafende Adam, darüber der am Kreuz sterbende Heiland, vor der Schar der Todeszeugen knien Ecclesia und Synagoge, am oberen Rand das Weitgericht, am unteren die Hölle; rechts in Einzeldarstellungen die 7 Todsünden; links nur spärliche Reste der Haupttugenden, darunter Maria im Schutzmantel. - Den Eindruck der A u s s t a t t u n g beherrscht die Fülle aufwendiger, künstlerisch aber nur mittelmäßiger Bar.Altäre an den Pfeilern und in den Kapellen; es ist aber auch eine Reihe vorzüglicher Werke vor allem aus ma. Zeitvorhanden. Steinbildwerke: im Chor Muttergottes, Kalksteinfigur, 1,15 m hoch, ebenso fein in der Behandlung des Materials wie in der seelischen Haltung, voll Hoheit und Liebreiz, ein Hauptwerk der deutschen Plastik vom E, 14. Jh. in den aus geprägten Formen des "weichen Stils", mit geringen Spuren der ehem, farbigen Fassung. Die Figur steht auf einer Kalksteinkonsole, die von der Büste des flammenumzüngelten Moses mit den Gesetzes-[74]tafeln getragen wird, der sehr ausdrucksvoll gearbeitete Kopf sicher vom gleichen Meister wie die Muttergottesfigur. Diese befand sich im 17. Jh. mitsamt der Moseskonsole in einem größeren Altar-Aufsatz. Vgl. die sog. "Schöne Madonna" im Breslauer Kunstgewerbemuseum und die Muttergottes im Bonner Provinzialmuseum aus der Slg, Thewalt. Alle 3 Figuren von gleicher Größe, die Bonner und Thorner von fast gleicher Gewandbehandlung. Der hervorragende Meister, einer der größten dieser Zeit, hat seine Schulung im böhmisch-schlesischen Kunstkreis erhalten; von dort kam er ins Ordensland, wo sein Wirken nachhaltige Spuren hinterließ. Von ihm auch die Himmelfahrt Maria Magdalenas, ausgezeichnetes Hochrelief Kalkstein und Kunststein mit neuer Fassung, 1,57 : 1,13 m, A 15. Jh., jetzt in einem bar. Altar am 3. s Msch.Pfeiler; das Thema viel freier und lebendiger behandelt als auf dem etwa gleichzeitigen Gemälde eines Altares in der Danziger Marienkirche. - H o l z b i l d w e r k e: Über dem Chorbogen großes Triumphkreuz E. 14. Jh. - Im Hl.-Kreuzaltar am 3. n Msch Pfeiler K r u z i f i x, urspr. an 3armigem Kreuz, dazu gehörten ehem. die beiden jetzt in der Sakristei aufbewahrten Figuren M a r i ä und J o h a n n i s, um 1390. - Fast lebensgroßer S c h m e r z e n s m a n n um 1400 - In der Sakristei 3 schöne Reliquienbüsten 1.H. 15.Jh. auf Reliquienkästen des 17. Jh. - Am bar. Altar des 1. n Msch.Pfeilers Relief des Todes der Maria A. 16.Jh. - Am 1. s Msch. Pfeiler größerer Altaraufsatz, im Mittelschrein St. W o l f g a n g zwischen den Aposteln Bartholomäus und Simon, auf den Flügeln innen die Kirchenväter, außen 4 weibliche HI. Gemalt; bedeutendes Werk vom A. i6. Jh., vermutlich schlesisch in der Staffel zwei kleine spätgot. Heiligenfiguren. - Einige andere Holzbildwerke des 15. und 16. Jh. in der Kirche verteilt. - E r z g u ß w e r k e : in der 1. Kapelle auf der SSeite T a u f k e s s e l mit schlichtem tektonischem Zierat, E. 13. Jh.; der gefällig geschnitzte Deckel A. i8. Jh. - Im Msch. 2 gleichartige K r o n l e u c h t e r, das Standbild der Muttergottes nach einem in der Sakristei aufbewahrten Holzmodell aus der Zeit um 1430, 1580 von Andreas Kugelhan in Thorn gegossen. - Unter den bar. Werken bmkw. der H o c h a l t a r von dem Bildschnitzer Matthias Rademacher 1633. - Ein A l t a r b i l d, der hl. Stanislaus Kostka, M. 17. Jh. von dem Schlesier Bartholomäus Strobel. - Am OEnde des n Ssch kleine Orgel von 1688. - Messinggrabplatte mit eingravierter Zeichnung für den Bürgermeister Johann v. Soest (+ 1361) und seine Gattin, flandrisches Importstück, den bekannten Platten in Lübeck und Stralsund sehr ähnlich. - Geschichtlich bmkw.: in der 1. Kapelle der SSeite das E p i t a p h für Nikolaus Coppernicus, 1733, davor seine Marmorbüste von W. Rojowski in Krakau 1677 (bez.). - Schöner K e l c h  A. 18. Jh. von Jakob Weintraub.

Neustädtische Pfarrkirche St. Jakob (kath.). Künstlerisch bedeutsamster und prächtigster Ziegelbau des Ordenslandes, nach dem sehr bmkw. Schriftfries im innern des Chors 1309 beg. (der Schriftfries selbst wohl erst später hinzugefügt, die gleichen Buchstaben am WPortal, vgl. weiter unten). Nach der Voll, des Chors kurze [75] Unterbrechung des Baus. Der Grundriß ähnlich dem von St. Johann, doch sind die Abmessungen geringer. Der Aufbau als Basilika von bedeutender Höhenentwicklung mit Strebebögen, die durch die Dächer der später angefügten Kapellen verdeckt sind. Rechteckiger Chor mit hohen, schlanken, dichtgestellten Fenstern ( 5 an den Seiten, 3 im Schluß). Das reiche Maßwerk aus Stuck 3teilig und mit 3- und 4 Pässen. Die Sterngewölbe müssen nach der Stellung der Strebepfeiler von vornherein geplant sein, im OJoch bilden die Rippen eine Art 5/8Schluß (wie in Lochstedt). Der Außenbau des Chors gehört zum Schönsten, was die ma. Backsteinarchitektur hervorgebracht hat; ausgezeichnet durch plastischen Reichtum der Gliederungen und mehrfarbige Behandlung, an allen Kanten wechseln mit den roten Steinen glasierte grüne und gelbe ab, durch die weiß verputzten Blenden wird der Eindruck noch bereichert. Der gesamte Aufbau der OWand wird von den Strebepfeilern bestimmt, die auch das Giebeldreieck in 3 Felder zerlegen. Ihr Maßwerk wie die Krabben der Giebellinien und die den Strebepfeilern überall aufgesetzten schlanken Fialen aus Formsteinen gebildet. Reizvolle Krönung des 8eckigen Treppentürmchens an der SSeite. Auch der Aufbau des Lhs. durchaus eigenartig, ein bestimmtes Vorbild nicht nachweisbar, anscheinend hat der sehr begabte Meister Anregungen der w Hausteingotik mit hervorragender Kombinationsgabe zu neuer Einheit verbunden. Die Pfeiler ungewöhnlich fein gegliedert und mit umlaufendem Kapitellband. Die Arkadenöffnungen weit und niedrig. Im Obergaden tiefe, durch Laufgänge verbundene Nischen mit kleinen ungeteilten Fenstern; die Sohlbank der Laufgänge liegt in der Mitte des gesamten Aufbaus. Im Msch. Sterngewölbe, in den Ssch. einfache Kreuzrippengewölbe. Das Strebewerk des Lhs. ist besonders reich gegliedert. Von einer gewissen Kühnheit zeugt, daß die Strebepfeiler am Obergaden des Msch. auf den Rücken der Strebebögen stehen und durch diese ihre Last auf die [76] Strebepfeiler der Ssch. übertragen. Anbau der Kapellen nach 1359. Der aus der WFassade herauswachsende Turm hat ein reich profiliertes Portal mit einer Einfassung von glasierten Tonbuchstaben am äußeren Rande (vgl. Birglau, die Form der Buchstaben stimmt mit denen in Pehsken von 1348 ziemlich genau überein). Über der Eingangshalle öffnet sich nach dem Msch. eine Empore mit schönem Sterngewölbe, das Reste von Bemalung zeigt; außen 3 Freigeschosse mit Gliederung durch schlanke weiß geputzte Blenden, das oberste mit Eckvorkragungen, die früher wahrscheinlich Zinnen trugen (wie noch an der Pfarrkirche in Gollub), ehem. vermutlich Walmdach, das nach Brand 1455 durch ein Zwillingsdach ersetzt wurde. An der NWEcke bmkw. 2geschossige Vorhalle. - Der Eindruck des Innenraums muß urspr. sehr prächtig gewesen sein. Die Wände waren rot geschlemmt und an den Gliederungen farbige Glasuren verwendet. Reste von W a n d m a l e r e i e n im Chor (E. 14. bis 15. Jh.) gefunden. An einem Turmpfeiler Muttergottes, Wandgemälde aus dem letzten D. 15. Jh., im s Ssch. (Gurtbogen) Brustbilder von Hl. um 1340. - Der heutige Eindruck durch die bar. A u s s t a t t u n g des 17.-18. Jh. aus der Zeit, als die Kirche den Benediktinerinnen überlassen war, bedingt. Im Chor bmkw. H o c h a l t a r, über dem Choreingang großer, als K a l v a r i e n b e r g behandelter Paßbogen von reicher malerischer Wirkung. - Schönes Orgelgehäuse 16o1. -Ganz vergoldete Rok.Kanzel 1770. - Spätgot. H o l z b i l d w e r k e: Kruzifix, in den vom gabelförmigen Kreuzstamm ausgehenden Ranken Prophetenfigürchen, E. 14. Jh., stammt aus der abgebrochenen Dominikanerkirche. Im Msch. unter Rok.Baldachin Standbild der Muttergottes mit Kind auf dem Halbmond, 2.03 m hoch, von schlanker schmaler Form, aber etwas grober Einzelbehandlung, verwandt dem in Schlesien und Preußen häufiger anzutreffenden Stil der "Löwenmadonna" (vgl. Ladekopp). gegen E. 14 Jh. - Großes T a f e l g e m ä l d e, 2,75 : 2 m, zahlreiche dichtgedrängte Passionsdarstellungen in weiter Landschaft mit vielen Baulichkeiten, um 1475, unter dem Einfluß niederländischer Buchmalereien. - In einem Altar des 18. Jh. kleines Muttergottesbild um 1420, böhmisch.-2 spätgot. silberne S t a n d k r e u z e, das eine um 1400 mit Fuß von 16oo, das andere A. 6.Jh. - Schöne Monstranz, bez. 1704 von Jakob Weintraub.

Ehem. Franziskanerkloster. 1239 gegr., 1559 aufgehoben. Die Marienkirche jetzt kath. Pfarrkirche. Reste des 1. Baus in der NWand der Kirche und Sakristei. Daten zur Geschichte des bestehenden Baus fehlen. Die Reihe der Grabplatten beginnt 1371. Die Kirche muß damals schon benutzbar gewesen sein. 1386 war der OGiebel fertig (Datum der Laurentiusglocke). Got. Ziegelbau von bedeutenden Abmessungen und einheitlicher Durchführung. Rechteckiger Chor von 4 Jochen, das Lhs. 3sch. Halle von 6 Jochen, mit dem Chor von gleicher bedeutender Höhenentwicklung. Das n Ssch. wegen der Verbindung mit den nicht mehr bestehenden Klostergebäuden schmaler und mit Empore. Sterngewölbe auf schlanken 8eckigen Pfeilern mit ganz dünnen Dienstvorlagen. Die [77] Strebepfeiler an der SSeite des Lhs. sind nach innen gezogen und bieten hier Kapellen Platz. Maßwerk der Fenster aus Ziegeln in flauen Netzwerkmustern gemauert. Am Äußeren unter dem Hauptgesims Vierpaßfriese. Der OGiebel des Chors von besonderer Eigenart: über der 3 m starken Mauer entwickeln sich an den Ecken zwei 8eckige Türmchen, ein stärkerer und höhergeführter ebenfalls 8eckiger Mittelturm ist mit ihnen durch Wimperge verbunden. Die 2 äußeren haben noch die alten in Blei gedeckten schlanken Spitzen, der mittlere Turm mit stumpfem Dach des 17. Jh.; die verputzten Blendflächen ehem, reich mit Maßwerk bemalt. Das Ganze namentlich im Fernbild sehr wirkungsvoll. Es hat mehrfach städtebauliche Situationen gegeben, die zu wirkungsvoller Behandlung des 0-Giebels anregten, man braucht nur an Prenzlau zu denken; einer Dreiturmlösung in Erfurt (St. Severin) gegenüber kann Thorns Marienkirche durchaus mit Ehren bestehen. Die 3 Sch. hatten, wie eine alte Zeichnung zeigt, urspr. jedes ihr eigenes Satteldach und mit gedrehten Fialen und durchbrochenen Wimpergen gegliederte Giebel (ähnlich dem Rathausfragment in Strasburg), an ihre Stelle ist 1798 leider ein einheitliches hohes Dach getreten. Die zinnen gekrönte Mauer an der Straße s vor dem Chor grenzte urspr. den Wirtschaftshof des Klosters ab, an ihrer Innenseite wurde um M. 17. Jh. eine Bogenhalle für Begräbnisse angelegt. - An den Strebepfeilern des Ssch. bedeutende W a n d m a l e r e i e n vom E. 14. Jh.: Christus an der Säule, die klagende Maria, Magdalena, Andreas, Stephan, Lorenz, Christoph und Elisabeth von Thüringen, sehr schlanke 3 m hohe Gestalten mit feinfältigen Gewändern unter baldachinartigen Architekturen (1892 aufgedeckt). - Die A u s s t a t t u n g der Kirche ist stark durch die vielen bar. Altäre an den Pfeilern des Msch. bestimmt, sie stammen aus der Zeit nach Übergabe der Kirche an die Bernhardiner (1724) und sind ohne besonderen Wert. H o c h a l t a r 1731. - Am Choreingang großer Dreipaßbogen mit Kalvarienberg. - Von dem ehem. H o c h a l t a r aus ma. Zeit stammen 3 Flügelpaare mit 24 Darstellungen aus der Geschichte Christi, Mariä und der Hl. des Franziskanerordens, alle auf Goldgrund gemalt; sie lassen sich auf 3 Hände verteilen, die mehr oder minder böhmischen Einfluß verraten, Entstehungszeit zwischen 1370-90. Als Rest des zerst. Schreines blieb die Figur Christi aus der Krönung Mariä erhalten. - Im Chor prächtiges G e s t ü h l mit reicher Schnitzerei, um 1400. Spätgot. phantasievolle Maßwerkschnitzereien des 15, Jh. zeigen auch die Brüstungen der Empore über dem n Ssch. - Die Kirche war 1596-1724 die ev. Hauptkirche der Stadt, Begräbnisstätte des Rates und des Patriziats, das ihr auch schon seit 1559 vielfach den Vorzug gab. Aus dieser Zeit die schön geschnitzte K a n z e l von 1616, das große 0 r g e l g e h ä u s e an der NSeite von Hans Helwigken aus Holstein 1602-09 und eine größere Anzahl von E p i t a p h i e n, davon bmkw.: Martin Mochinger (+ 1590); Familie Stroband, 1590 gest.; Familie Neißer, von dem Danziger Bildschnitzer Matthias Neißer (+ 1588) geschnitzt und 1594 von seinem Bruder Fabian Neißer gemalt, mit einer bmkw. Ansicht der Stadt Thorn (leider bis [78] zur Unkenntlichkeit nachgedunkelt); Anton Stadtländer mit Relief der Auferweckung des Lazarus, 1683. Im Chor G r a b m a l der Prinzessin Anna Wasa (+ 1625), Schwester des Königs Sigismund von Polen, die in Schloß Golau residiert hatte, 1636 beigesetzt, Sarkophag mit ruhender Gestalt in architektonisch umrahmter Nische, Alabaster und schwarzer Marmor, die hölzerne Gittertür in Rok. Formen. In der allgemeinen Anordnung damit verwandt, aber ohne Sarkophag und Figur, das Grabmal der Anna Potocka, geb. Gräfin Leszno (+ 1653) unter der Orgel, marmorne Inschr.Tafel mit reicher Sandsteinumrahmung in den charakteristischen Formen des Knorpelstils, darüber in reicher architektonischer Umrahmung 2 Ahnenwappen. - Unter dem Epitaph Neißer 2 Marmorfiguren geharnischter Ritter vom Grabmal der Brüder Tylicki (A. 17. Jh.) aus der zerst. Dominikanerkirche. - Die K l o s t e r g e b ä u d e, die bis 1724 das ev. akademische Gymnasium beherbergt hatten, 1813 abgebrochen.

Ehem. Dominikanerkloster. 1263 gegr. Die N i k o l a i k i r c h e war eine spätgot. Hallenkirche mit 3seitig geschlossenem Chor von schlanken Verhältnissen, 1834 nach der Beschießung von 1814 abgebrochen. - Die Klostergebäude schon 1821 abgebrochen. Pfarrkirche am Altstädtischen Ring (ev.). Entwurf von Andreas Adam Baehr in Dresden 1741. Fundamente 1743 beg., wegen des Widerstandes der Katholiken erst 1753 der eigentliche Bau von Ephraim Schräger beg., 1756 voll.; 3sch. Halle mit schmalen Ssch., Kreuzgewölbe auf schweren quadr. Pfeilern mit zwischengespannten hölzernen Emporen. Das Äußere verputzt. Auf einen Turm mußte verzichtet werden, denn der Bau sollte nicht das Aussehen einer Kirche haben. Der jetzige recht gelungene Turm 1896-97 nach Entwurf von Karl Schaefer und Hugo Hartung hinzugefügt. - A l t a r und 0 r g e l aus der Erbauungszeit, die K a n z e l in Rok.Formen 1759. - Großes Ö l g e m ä l d e, Christus und die Jünger im Sturm auf dem See, von J. S. Neudeck 1759. - Schöne A l t a r g e r ä t e: Oblatenbüchse 1617 von Erasmus Weimer in Thorn; Kelch 1720 von Jakob Weintraub in Thorn, ein anderer 1757 von Christian v. Hausen in Danzig.

Ehem. Georgenhospital in der Kulmer Vorstadt. E. 14. Jh. erb. Die zugehörige, 1811 abgerissene Kirche hatte eine ähnlich reizvolle Turmanlage an der WFront wie die Kirche des Elisabethhospitals in Danzig.

Neustädtische Pfarrkirche (ev.). Schlichter, doch guter Ziegelbau von 1824 an Stelle des ehem. Kauf- und Rathauses der Neustadt, das schon 1668 zur Kirche umgewandelt und 1818 abgebrochen war (Abbildungen bekannt). - Schöner K e 1 c h von Jakob Weintraub 1720, dem in der Altstädtischen Pfarrkirche ähnlich.

Altstädtisches Kauf- und Rathaus. Kein ma. Rathaus kommt dem Thorner an Größe der Abmessungen und Macht der Erscheinung gleich, ein Zeugnis des kräftigen Selbstbewußtseins der Stadtgemeinde. Eine Reihe urkundlicher Nachrichten für die älteste Baugeschichte von Wert: 1259 erlaubte der Orden die Erbauung eines Kaufhauses. 1274 wurde die Genehmigung dahin erweitert, daß auch [79] Kaufbuden und Brotbänke in der Länge des Kaufhauses und in einer Breite von 17 1/4 m aufgestellt werden durften. 1279 Bau einer Waage neben dem Kaufhaus, andere Erweiterungen und Zubauten 1309 und 1343 bewilligt. An Stelle dieser nacheinander entstandenen Baulichkeiten, wie sie ähnlich den Breslauer Ring füllten, 1393 ein großzügiger Neubau nach einheitlichem Plan auf der bis dahin gewonnenen Grundfläche ins Werk gesetzt: großes Rechteck von 52,7 : 43,9 m äußerer Seitenlänge mit Binnenhof von 26 : 18 m. Seitens des Ordens wurde eine bis ins einzelne gehende Genehmigung dazu erteilt. Von diesem Neubau stammen Keller, Erdgeschoß und 1. Obergeschoß. Älteren Datums ist offensichtlich der Turm, der aber urspr. schwerlich freigestanden hat, sondern sich schon in Verbindung mit einem Massivbau erhob. Die beiden Untergeschosse des jetzt an der SOEcke des Neubaus von 1393 eingefügten Turms stammen spätestens von 1309. 1385 wurde der Turm nach chronikalischen Nachrichten bedeutend erhöht: er erhielt damals die bei den obersten Geschosse mit schlanken Blenden und 4 vorgekragten Ecktürmchen, zwischen denen ehem. ein quergegürteter Spitzhelm aufstieg. Das flandrische Vorbild ist augenscheinlich. Im Erdgeschoß des WFlügels lagen im wesentlichen die Tuchhalle und kleinere Verkaufsstände für Handwerker, an der NWEcke die Ratswaage, im OFlügel die Brotbänke und Verkaufsstände für kleinere Gewerbetreibende, im Verbindungsbau auf der NSeite lag die Gerichtslaube. Das Obergeschoß diente Verwaltungszwecken. Die Fassaden gleichmäßig mit hohen, kräftig profilierten spitzbogigen Blendnischen gegliedert. Auch hier mögen flandrische Bauten die Anregung gegeben haben, so ist z. B. das struktive Gerüst der Fassade des Stadthauses in Brügge (1376 ff.) ganz ähnlich, wenn man von dem reichen bildnerischen Beiwerk absieht. In der Mitte des s, w und n Flügels Durchfahrten. Die alte Gestalt der Fenster ungewiß. Unter dem Erdgeschoß gewölbte Keller auf granitenen Rundpfeilern, ein Teil von ihnen wohl noch aus dem älteren Bau. 1602-03 Umbau unter Leitung des Steinhauermeisters Wilhelm Martin, doch blieb der urspr. Eindruck gewahrt. Es wurde ein 2. Obergeschoß aufgesetzt, entsprechend die Blenden der Außenseiten und des Hofs unter Beibehaltung der alten Profile erhöht; die neuen abschließen den Spitzbögen von etwas gedrückter Form. Die Fenster unter Verwendung von Werksteinen schlicht rechteckig erneuert. Die 4 Ecken erhielten gefällige schlanke Türmchen, über den Durchfahrten wurden Mittelgiebel nach niederländischem Muster aufgesetzt; 1619 er hielten die Ecktürmchen am großen Turm Zwiebelhauben. Nach schwerer Beschädigung bei der Beschießung der Stadt 1703 dürftige Instandsetzung der Bedachungen und Giebel 1722-38. Das neugot. Mittelrisalit der WSeite 1869 nach Angaben von Ferdinand v. Quast. Im Innern aus der Zeit des Umbaus eine gute Holzdekoration. 3sitziger Schöppenstuhl 1624, durch vornehmen Aufbau und gemalten Ornamentschmuck ausgezeichnet. Schöne Intarsiatüren 18. Jh.

Denkmal für Nikolaus Coppernicus vor der SOEcke des Rathauses von Friedrich Tieck 1853.

Ehem. Artushof am Altstädtischen Ring. 1385 erb., 1802 abgerissen. [80] Die reich bemalte Front des stattlichen Giebelhauses aus Abbildungen bekannt. Jetzt geschmackloser protziger Neubau vom E. 19. Jh.

Sog. Junkerhof. Ehem. "Hoffegarten" der St. Georgsbrüderschaft auf dem früheren Parcham der Stadtmauer, nach Zerst. der Burg erb., wenig Altes erhalten, moderner Ausbau 1884.

Ehem. Zeughaus am Altstädtischen Ring (sog. Gläsernes Haus). Im 14. Jh. erb., 1906 abgerissen. Unbedeutende Reste von ma. Bemalung in Lichtbildern erhalten.

Ehem. Neustädtisches Kauf- und Rathaus. 1303 gegr., 1668 zur lutherischen Kirche umgebaut, 1818 abgebrochen.

Wohnhäuser und Speicher. Die Speicher nicht gesondert wie auf der Danziger Speicherinsel, sondern meist neben den Wohnbauten, besonders in den Straßen nahe der Weichsel. Soweit die wenigen Baureste und alten Beschreibungen ein Urteil zulassen, hat das Thorner Wohnhaus wie das Danziger die quergeteilte Diele und Wohnräume im Obergeschoß gehabt. Die schmalen Fronten der ma. Ziegelbauten sind durch profilierte mit Spitzbögen verbundene Wandpfeiler gegliedert, die die Geschosse zusammenfassen und bis in den Giebel aufsteigen. Abschluß nach älteren Abbildungen wohl meist durch Zinnenkranz, in der Spätgot. auch durch große Rundbögen. Im 16. und 17. Jh. scheinen anders als in Danzig breiter gelagerte Ziegelbauten beliebt gewesen zu sein. Aus der Wende des 17. zum 18. Jh. stammen einige Häuser mit besonders reichem und schwerem Stuckzierat, wie sie in Danzig nicht vorkommen. Ein derartiger Bau ist auch das nicht mehr erhaltene 1699 erb. Jesuiten- kolleg gewesen. Im folgenden die wichtigsten Beispiele: 1. G o t. B a u t e n, z. T. nur in Resten erhalten oder modern verputzt: Brückengasse 6 (mit angebautem Speicher), 18, 22; Badergasse 3; Seglergasse 17 (Portal); Rabiansgasse 8 (schöner Giebel), 19, 22; Bäckergasse 4, 9 (Giebel 1898 rest.); Coppernicusgasse 15; Altstädtischer Ring 9; Kulmer Straße 14 (sehr verdorben). - 2. B a u t e n des 16. u n d 17. J h.: Im Schwibbogen 4-6 (Speicher); Bader- gasse 3 (Giebel), 4, 16 (bmkw. riesiger Speicherbau, sog. "Roter Speicher", vom E. 16. Jh. ganz in Backstein ohne Verputz mit kräftiger aus den got. Formen entwickelter Blendengliederung, einzelne Sandsteinverzierungen und schönes Portal), 22 (verdorben); Rabiansgasse 6; Bäckergasse 2 (Speicher), 25, 41; Altstädtischer Ring 31 (bez. 1653). - 3. H ä u s e r vom E. 17. Jh. mit reichem bar. Stuckzierat: Seglergasse 8 (1693 für den Bischof von Leslau erb.); Bäckergasse 37; Altstädtischer Ring 35, 29 (Portal vom A. i8. Jh.). - 4. Einfache gute k l a s s i z. B au t e n : Brückengasse 14; Badergasse 10; Altstädtischer Ring 10; Löwenapotheke am Neustädtischen Ring, der Kernbau ma.

Stadtbefestigung. Sowohl die Altstadt als die Neustadt haben bald nach ihrer Gründung eine Mauer erhalten. Diese war mit Zinnengang und Wiekhäusern bewehrt, Erhöhung im 15. Jh. Vor der Mauer, mit Ausnahme der Weichselseite, ein Zwinger (Parcham) mit niedriger äußerer Mauer. Mehrere Mauertürme der OSeite sind erhalten. Die Tore in ernsten Massen auf die konstruktiv gebotene [81] Gliederung beschränkt. Sie sind bis auf die an der Weichselseite der Altstadt abgebrochen. Aus frühgot. Zeit das N o n n e n t o r und der S c h i e f e  T u r m ‚ an diesem ein Fries mit Vierpässen; aus spätgot. Zeit das F ä h r t o r 1432 von Hans Gotland mit abgerundeten Ecken seitlich der Durchfahrt und Zinnenkranz. Aus der Zeit um 1500 der sog. "K a t z e n s c h w a n z" an der NWEcke der Altstadt als Rondell für Geschütze erb. Im 17. Jh. große Bastionsbefestigung angelegt, Ausbau der Befestigung 1820-32, seit 188o Anlage von F o r t s in etwa 3 km Entfernung, die alten Wälle abgetragen.

Städtisches Museum.

Umgebung: n

T H O R N I S C H - P A P A U

Dorfkirche (kath.). Frühgot. Ziegelbau, gestrecktes Sch. und gerade geschlossener Chor mit Strebepfeilern, der vielleicht auf Wölbung angelegt war; die Giebel nach Schichten abgetreppt (wie der Chorgiebel von St. Johann in Thorn). Vor der WFront späterer Turmanbau aus Fachwerk.

G R I F F E N (früher Grzywno)

Dorfkirche (kath.). Ziegelbau um 1300, das flachgedeckte Sch. mit Strebepfeilern besetzt, im eingezogenen gerade geschlossenen Chor 2 Kreuzrippengewölbe, an seiner NSeite Sakristei mit einhüftigem Tonnengewölbe. Vom quadr. etwas jüngeren WTurm steht nur der Unterbau. Neuer Turm neben dem Chor 1906. - Am W-Giebel Tonfiguren von Hl., E. 13. Jh. (vgl. Graudenz).

K U L M S E E

Ehem. Domkirche des Bistums Kulm (jetzt kath. Pfarrkirche). 1251 gegr. Backsteinbau. Zum ältesten Teil gehört der Chor bis zur Fuge, auf der OSeite der Kreuzflügel, im 2. Bauabschnitt bis 1263 das Qhs., Brand 1286, am Lhs. nur die SWand 13. Jh., Ausbesserung und Voll. um 1350. Starke Beschädigungen 1422 und danach notdürftige Wiederherstellung. Somit bewahrt der vorhandene Bau, [82] einer der wichtigsten Kirchenbauten des Ordenslandes, wohl noch die urspr. Anlage, aber seine Erscheinung hat vielfach gelitten. Das Lhs. ist eine 3jochige Hallenkirche mit quadr. Sterngewölben im Msch. und schmalrechteckigen in den Ssch. Die 6achsige Teilung der SWand stimmt nicht zu der unregelmäßig 5achsigen der NWand, und beide stimmen nicht zu den Pfeilern des Msch. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß das Lhs. des 13. Jh. als Basilika geplant war. Das über die Ssch. wenig vorspringende Qsch. wurde im 14. Jh. der Hallenanlage des Lhs. angepaßt. Der Chor setzt sich in Breite des Msch. fort; er hat an den Längswänden je 2, an der platten Schlußwand 1 Fenster; seine reichen Sterngewölbe sind wie die des Qsch. nach M. 14. Jh. erneuert; das Figuren- und Blattornament der Dienste verstümmelt. Die Fenster sämtlich 3teilig, das Chorfenster 4teilig, das Maßwerk überall neu. Breite des Chors 9,70 m, ganze innere Länge 65,70 m, Höhe der Gewölbe im Msch. 17,30 m. Am Äußeren lassen die Einzelheiten trotz vielfacher Beschädigung noch die Sorgfalt erkennen, mit der die Kirche einst ausgeführt und geschmückt war. Völlig zerst. und bei der spätgot. Wiederherstellung verändert ist die Dachanlage. Statt der jetzt vorhandenen gleichlaufenden Satteldächer bestand urspr. ein einziges, die 3 Sch. des Lhs. und das Qhs. zusammenfassendes Satteldach, über der OWand des Qsch. ein mächtiger Giebel (vgl. die schräge Fuge am NWTurm). Die urspr. Giebelbildung zeigt nur der Chor, wenn auch die seltsam gedrängten Türmchen auf den Staffeln erst aus dem späteren Ma. stammen; alt, wohl noch aus dem 13. Jh., ist die Flächengliederung des mittleren Teils durch 3 hohe Blenden mit Reliefmaßwerk, das die Formen des Steinbaus in schöner, reiner Zeichnung wiederholt; auch die vorgekragten Eckfialen könnten vom urspr. Bau sein. Geplant waren 4 Türme, die 2 kleinen schlanken Türme an den ö Ecken des Qsch. sind noch im 13. Jh. errichtet. Vom WPaar ist nur der n Turm zur Ausführung gekommen; die geschweiften Bedachungen bar., im NW hoher Helm von 1692 mit 2 Haubenlaternen übereinander. Der Mittelbau der WFassade enthält das (um 1910 veränderte) Hauptportal, darüber ein großes von breitem Plattenfries umrahmtes Rundfenster. - Die vortrefflichen got. M a l e r e i e n der Msch.Gewölbe aus dem letzten D. 14. Jh. (1890 rest.). - Das Innere mit Bar.Altären angefüllt.; ein Rest des ma. Hochaltars ist nach Königlich-Neudorf abgegeben; der jetzige kolossale H o c h a l t a r um 1650, die 13 übrigen 18. Jh., nur einer aus Marmor, die anderen aus Holz mit Anstrich. - Spätgot. H o l z b i l d w e r k e um 1500: über dem bar. kleeblattförmigen Triumphbogen schöne Kreuzigungsgruppe; an der Wand des NTurmes der hl. Nikolaus; in Altären sind verwendet: recht gute Maria auf dem Halbmonde; Grablegung Christi; der das Kreuz tragende Heiland. - 3 W a n d a r k a d e n für den Zelebrantensitz, aus der ersten Bauzeit. - Spätgot. C h o r s t ü h l e, bez. 1519. - Das wichtigste Kunstwerk ist das Wandgrab des Bischofs Petrus Kostka (+ 1595), 2 korinthische Säulen mit verkröpftem Gebälk umrahmen eine Rundbogennische mit Sarkophag, auf dem der Tote schlafend, den Kopf auf den rechten Arm ge[83]stützt, in der anderen Hand ein Gebetbuch, dargestellt ist; farbiger Marmor und Kalkstein, nach dem Tode des Bischofs von einem der damals in Polen ansässigen tüchtigen italienischen Bildhauer gefertigt. - Aus dem K i r c h e n s c h a t z hervorzuheben: Reliquienkreuz 1498, Kelch 1503; Monstranz um 1500 (Fuß und Spitzen M. 17. Jh. erneuert), 4 Reliquienbüsten 17. Jh.

Ehem. Stadtkirche St. Jakob (jetzt ev.). E. 13. Jh. beg. Gerade geschlossener Chor mit 2 Kreuzgewölben. Das Lhs. ist als Halle mit stark überhöhtem Msch. erb., keine Lichtöffnungen, nur innere Wandblenden; jetzt flachgedeckt, doch sind nach dem urspr. Plan Gewölbe anzunehmen. Beim Umbau 1858 wurden das Qsch. und das oberste Geschoß des WTurms hinzugefügt, der bis dahin 4 Giebel und Walmdach hatte; auch der OGiebel bis auf die unteren Blendenreihen neu. - A l t a r A. 17. Jh.

B I S C H Ö F L I C H - P A P A U

Die Ordensburg mit Zubehör kam 1505 in den Besitz der Bischöfe von Kulm, daher der Ortsname.

Burg des Deutschen Ordens, Komturei. Um 1280 erb.; im 13jährigen Krieg 1458 zerst. Das als Ruine erhaltene Konventhaus zeigt die typische Anlage dieser Zeit: 4 Flügel von 40 m äußerer Seitenlänge umschließen einen quadr. Hof von 18 m2 an den Außenecken Verstärkungen. Bis zum Wehrgang Granit, Ziegel an den Fenstern, Gewölben und inneren Wandverkleidungen. Im Kapitelsaal zierlich als Rippenfächer ausgebildete Kragsteine.

Dorfkirche (kath.). Got. Backsteinbau von ziemlich großen Abmessungen (10 : 25,3 m), das Innere mit in den Dachraum steigender Decke, das Äußere mit Eckstreben. Klar und gut gegliederter teiliger OGiebel mit Doppelblenden und noch nicht übereck gestellten quadr. Fialenpfeilern, die Staffeln von zinnenartigen Aufsätzen bekrönt.

Umgebung: nö

G R A M T S C H E N (früher Gremboczin)

Alte Dorfkirche (ev.). Vom got. Ziegelbau stammen die Sakristei an der NSeite des Chors und der quadr. WTurm, Chor und Sch. sind 1687 erneuert.

G R 0 S S - R 0 G A U (früher Rogowo)

Dorfkirche (ev.). Got. flachgedeckter Ziegelbau, vermutlich um 1400, gerade geschlossener gestreckter Chor und Sch., beide mit Strebepfeilern; der 5teilige Staffelgiebel der OSeite ist mit Blenden und Putzfriesen wirksam gegliedert.

W O L F F S E R B E (früher Gronowo)

Dorfkirche (kath.). Rechteckiger got. Ziegelbau. Der Turm um 1700 hinzugefügt, Umbildung des got. Typus, Abschluß mit kleinen zinnenartigen Schweifgiebeln (vgl. Rathaus in Kulm) und massiver spitzer Pyramide.

S C H Ö N S E E

Burg des Deutschen Ordens, Komturei. Wohl im 3. V. 13. Jh. gegr., Ausbau um 1280. Doppelte Vorburg, Hauptburg mit regelmäßigem [84] 4flügeligem Hause, jetzt ganz zerst.; ein hoher Pfeiler, vermutlich ein Teil des Danskers, erhalten.

Pfarrkirche (kath.). Ziegelbau der 1. H. 14. Jh. Turmloser flachgedeckter Saalbau von beträchtlichen Abmessungen (10,7 :34,8 m), aber nur niedrig. Die Mauern ringsum mit Blenden zwischen den Fenstern belebt, die klare und kräftige Blendengliederung der Giebel verstümmelt.

Geringe Reste der ma. Stadtbefestigung.

K O L M A N S F E L D (früher Chelmonie)

In der Ordenszeit Grünenberg.

Dorfkirche (kath.). Got. Ziegelbau der 2. H. 14. Jh. von schlichter aber guter Durchbildung; rechteckiger Chor und flachgedecktes Sch. ohne Turm; die Sakristei, sonst gewöhnlich an der NSeite des Chors, liegt hier, wie in Lemberg, in der Längsachse an der OSeite, so daß 3 Giebel hintereinander aufsteigen. An den Langseiten wechseln spitzbogige Fenster und Blenden.

O S T E R B I T Z (früher Ostrowitt)

Dorfkirche (kath.). Ma. Saalbau, um 16oo eingreifend erneuert. Die Blendengliederung des 4zonigen OGiebels und die Zinnenkrönung des WTurms den gleichzeitigen Teilen des Schlosses Golau verwandt.

P L U S K O W E N Z

Dorfkirche (kath.). Ziegelbau aus dem 1.V. 14. Jh. Gut durchgebildeter Saalbau mit quadr. WTurm. Das Innere mit Wandblenden gegliedert.

Z I E L E N F E L D E (früher Zielen)

Dorfkirche (kath.). Ziegelbau des 14. Jh. aus 3seitig geschlossenem Chor und Sch., beide mit Holzdecken; quadr. WTurm. Die Holzdecke des Sch. reichte ehem. 3seitig gebrochen in den Dachraum hinein. Oberhalb der gegenwärtigen waagerechten Decke sind an der ö und w Schmalseite Reste der urspr. A u s m a l u n g erhalten, Kreuzigungsgruppe und Rankenwerk.

B R I E S E N

Pfarrkirche (kath.). Saalbau mit 3seitig geschlossenem Chor. Um 1700 mit Benutzung der Grundmauern des 14. Jh. errichtet; W Turm 1779. - Spätgot. M o n s t r a n z, schöner Renss. K e 1 c h, bar. T r a g a l t a r.

Reste der E. 18. Jh. zerst. Bischöfl. Burg sind 1940 ausgegraben. Es war eine regelmäßige Anlage vom A. 14. Jh. mit 8eckigem Bergfried.

R H E I N S B E R G (früher Rynsk)

Dorfkirche (kath.). Rechteckiger Chor nebst Sakristei 14. Jh.; Sch. und WTurm 16o8 hinzugefügt. - A l t a r aus schwarzem Marmor und Stuck, M. 17. Jh., aus der Franziskanerkirche in Kulm.

Umgebung: ö

H O H E N K L O S T E R (früher Kaszczorek)

Dorfkirche (kath.). Got. 1sch. Ziegelbau mit 3seitigem Schluß, die Gewölbe nicht ausgeführt; im W sollte vermutlich noch ein Sch. anschließen.

[85]

Z O L L B U R G (früher Zlotterie)

Lag außerhalb des Ordensgebiets im Land Dobrin, Pfandbesitz des Ordens 1391-1405.

Burg. Am Zusammenfluß der Weichsel und Drewenz. Ziegelbau um 1400, seit 1409 Ruine. Rechteckige Hofanlage mit turmartigem Haus an der Stromseite.

Umgebung: s

D I B A U

Burg. Am linken Weichselufer gegenüber Thorn, von Polen nach 1422 angelegt; von den Schweden bei der Belagerung der Stadt 1703 zerst. Spätgot. Ziegelbau, heute stattliche Ruine. Rechteckiger mit Mauer bewehrter Hof, an den Ecken Türmchen; der Torbau liegt an der Landseite, das Wohnhaus zur Weichsel hin. Im 17. Jh. für Feuerwaffen umgebaut.

A M B E R G (früher Podgorz)

Ehem. Reformatenkloster. 1644 gegr. Die K i r c h e (jetzt kath. Pfarrkirche) hat im 3jochigen Sch. und im 3seitig geschlossenen Chor Kreuzgewölbe; der Dachreiter 1753.

Umgebung: w und nw

A L T T H O R N

Stätte des ältesten Thorn, vgl. S. 70.

Von der ehem. Burg des Deutschen Ordens keine Spuren erhalten.

Dorfkirche (kath.)[falsch: evangelisch!] [eigentlich Gurske]. Putzbau von 1687; gute Innenausmalung 1694. - T a u f s t e i n in Gotländer Art (wie in Kulm und Graudenz).

S C H A R N A U (früher Czarnowo)

Dorfkirche (kath.). Kleiner Ziegelbau um 1300, gestreckter gerade geschlossener Chor mit spitzem Tonnengewölbe, Sch. mit flachbogiger Holzdecke und Strebepfeilern; die Giebel sind nur von einigen kleinen rundbogig geschlossenen Öffnungen durchbrochen.

P I P P I N G S E E (früher Swierczynsko)

Dorfkirche (kath.). Ziegelbau des 14. Jh. Ehem. gewölbter Chor aus 2 Jochen und 3seitigem Schluß, das Sch. ohne Strebepfeiler; beide mit flachbogigen Decken des 18. Jh.

B I R G L A U

Schloß des Deutschen Ordens, Komturei. Neubau wohl bald nach der Zerst. der ersten Anlage durch eingefallene Litauer 1263. Weitere Baunachrichten für 1305. Das Konventshaus z.T. erhalten; innerhalb der ein unregelmäßiges Fünfeck umschließenden Umfassungsmauern nur 2 Flügel auf der W- und SSeite ausgebaut, die rechtwinklig gegeneinander stoßen. Im WFlügel über 2 Kellergeschossen Remter und Kapitelsaal. Der erste hat 3 Joche, 1911 erb. Kreuzgewölbe, in tiefen Nischen sind je 2 kleine spitzbogige Fenster angeordnet. Der zweite höhere hat 4 Joche mit Kreuzrippengewölben auf vorgekragten Wanddiensten, die Gewölbe neu eingezogen (1920-38). Die bmkw. Eingangspforte wird von einem Rundbogen aus Granit überdeckt, darüber Spitzbogen aus Formziegeln; im Bogenfeld ein Ordensritter zu Pferde, rechts und links neben ihm ein zweiter stehend und ein dritter kniend, flache Reliefs in gebranntem Ton; wohl die ältesten bildnerischen Versuche im [86] Ordensland, der um den Bogenrücken angeordnete Inschr.Fries aus glasierten Tonplättchen (vgl. Marienburg. Inschr. über den s Kirchenfenstern, und Thorn, St. Jakob) gehört zu den Besonderheiten der Ordenskunst. - In der Vorburg massive Scheune.

Dorfkirche (kath.). Kleiner got. Saalbau aus Feldsteinen, mit einer in den Dachraum hineinragenden gebrochenen Decke; die Backsteingiebel 1882 erneuert.

H E I M S O T H

Dorfkirche (kath.). Spätgot. Feldsteinbau mit Ziegelteilen; quadr. Chor mit 3seitigem Schluß und gratigem Kreuzgewölbe, flachgedecktes Sch. mit Strebepfeilern, quadr. WTurm.

G R I E B E N A U

Dorfkirche (kath.). Feldsteinbau mit hölzerner Tonnendecke, um M. 14. Jh. Über der OSeite 5teiliger breit gelagerter Staffelgiebel aus Ziegeln mit geteilten Blenden, dazwischen hoch aufsteigendes Fenster. Quadr. WTurm, im oberen Teil aus Holz.


 

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© 2000  Volker J. Krüger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 14.08.2010