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Anna B: Du fragst, wie wir die Flucht überstanden haben? 

Rathausturm mit Copernicus-Denkmal

Anna B:



Du fragst, wie wir die Flucht überstanden haben?





Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text Ein Brief
 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23] , bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

[1]Lieber Erich!

Du fragst, wie wir die Flucht überstanden haben! Da konnte nur Gott helfen. Dieses können auch wir mit Dank und Anbetung bezeugen durch folgendes Erleben:

Als wir auf unserer Flucht von Ostpreußen nach dem Westen zogen, gerieten wir in die Hände der Russen, wo wir alles, was wir hatten, verloren. Doch das schwerste von allem war, daß unsere vier Töchter mit Hunderten zusammen getrieben, unter russischer Bewachung von Köslin gehen mussten. Wie tief dieses, wie mit Messern ins Herz geschnitten hat, kann man nicht wiedergeben, das muß man erleben. Da kann man nur aus tiefstem Herzen schreien: "O Gott hilf Du!" Daß wir sie auf dieser Erde noch einmal wiedersehen würden, schien aussichtslos, nach allem, was um uns herum geschah. -

Mit 10 anderen Flüchtlingen bekamen wir Unterkunft auf einem Heuboden. Mein Mann - Vater - schwerhörig, und ich hatten nur noch unseren 14-jährigen Martin bei uns, der neben mir schlief. Zu diesem sagte ich: "Unser Herr Jesus spricht: Wenn zwei eins werden, worum es ist, das sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel!" (Matth. 18,19) nun wollen wir für unsere Mädels beten, daß der Vater eine Mauer um sie baut, daß ihnen keiner etwas tun kann und daß wir bei Ihm in der Ewigkeit einmal alle zusammen kommen. Da erst, als ich sie der Macht Gottes übergeben, wurde mein Herz ganz still. Dann durften wir dieses große erleben: Der Allmächtige schenkte uns mehr in seiner Barmherzigkeit, als wir zu bitten wagten: Er gab uns unsere Kinder noch einmal wieder, nach 7 Wochen. Auf meine Frage: "Hat euch der Russe etwas getan?" kam die Antwort: "uns hat keiner etwas Böses antun können - es war eigenartig, als ob um uns etwas war, wo sie nicht durchkonnten und wir wußten auch, daß ihr für uns gebetet habt." Da erkannten wir miteinander, daß es die Mauer war, die Gott der Vater um sie gebaut hatte. - Ihrem Bericht nach mußten sie damals von Köslin nach Stolp gehen, wo sie russische Formulare unterschreiben mußten, von denen ihnen später der Dolmetscher sagte: "Ihr wisst auch, was ihr unterschrieben habt? 25 Jahre Arbeit im Ural freiwillig". Der Transport fuhr mit ihnen ab, 1500 beisammen, bis hinter Thorn, dann fuhr er auf ein Nebengleise und blieb stehen. Während sie dann sahen, daß andere Transporte weiter gingen, fuhr dieser ganz langsam 1 Woche lang zurück nach Graudenz. Es war noch kein Waffenstillstand. Dort hieß es plötzlich nach qualvollen Tagen: geht nach Hause - und in kleinen Trupps zu verschiedenen Tageszeiten wurden sie entlassen. So kam es, daß auch unsere Mädels getrennt von einander gehen mußten. Sie sind mehr als 500 km durch Wälder geschlichen, denn der Feind griff, wo er konnte, wiederum die einzeln auf, so daß dadurch nur wenige zurück kamen. - So ist es erklärlich, daß öfters zu uns gesagt wurde: "Das ist doch unmöglich, daß alle Vier zurück kamen, da ist doch wirklich ein Wunder geschehen und wir antworteten: "Ja, das ist auch ganz allein ein Wunder von Gott und es uns auch zeitlebens bleiben, der dem Transportzug gebot: "Bis hierher und nicht weiter." und sie behütete und führte, bis sie uns noch einmal wiederfanden! -

So müßte nun unser ganzes Leben ein Dank sein für alles, was wir erleben durften, wozu uns auch unser Trauspruch hinweist: Epheser 5, 20 - und saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi., den wir nun an unserem goldenen Hochzeitstag zum 2. Mal bekamen, wozu auch unsere lieben Kinder hier beisammen sein konnten. Nur unser Ältester fehlte, der auf der Krim vermißt ist. Doch ihn wissen wir geborgen, weil er ein ganz bewußtes Eigentum des Herrn Jesu war.

Herzlichen Gruß: Tante Anna.


 

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Anna B: Du fragst, wie wir die Flucht überstanden haben? 

© 2000  Volker J. Krüger, heim@thorn-www.de
letzte Aktualisierung: 13.03.2004